Prozesstag 73: Ein LKA-Zeuge kann oder will sich nicht erinnern

Am 73. Prozesstag, dem 23. Juni 2022, wurde erneut der LKA-Zeuge Julian B. zur Hausdurchsuchung beim Angeklagten Steffen B. am 14. Februar 2020 vernommen. Dort wurden verschiedene Waffen, Munition und Neonazi-Artikel gefunden. Der Fokus richtete sich zudem auf die bei Steffen B. gefundene „Slam Gun“, die nach Untersuchungen mit einem Vergleichsstück als funktionsfähig betrachtet wurde. Die Waffe und Munition habe er von Mario Sch. Erhalten, so der Zeuge. In der Befragung durch die Anwält*innen geht es um Thorsten K., der sich nach Angaben des LKA-Ermittlers im Zeugenschutz des Hamburger LKA befindet. Das Aussageverhalten des Zeugen zu Fragen über einen externen Berater der Soko „Valenz“ zur Einsatzplanung für den 8. und 14. Februar 2020 sowie zum Umgang mit dem Verfahren innerhalb des baden-württembergischen LKA rief Unmut bei der Verteidigung hervor. Der Senat lehnte jedoch Anträge auf ein Ordnungsgeld und Vereidigung des Zeugen ab.

Im Zuschauerraum verfolgt für kurze Zeit die rechte Szeneanwältin Nicole Schneiders das Prozessgeschehen. Als Zeuge ist erneut der baden-württembergische LKA-Beamte Julian B. (29) geladen. Der VR setzt die Befragung des Zeugen zur Vernehmung des Beschuldigten Steffen B. am 14. Februar 2020 fort, dem Tag, an dem dieser verhaftet und seine Wohnung durchsucht wurde. Der Vorsitzende Richter (VR) war bereits am 12. Prozesstag bei seiner Befragung des Zeugen zu diesem Themenkomplex weit fortgeschritten. Ihm geht es nun um das Verhältnis von Steffen B. zum Mitangeklagten Werner S. Der LKA-Zeuge erinnert sich daran, dass man Steffen B. zu seinen Kennverhältnissen in der Gruppe befragt habe. Steffen B. habe im Verhör angegeben, Werner S. seit rund drei Jahren von einem Treffen der „Soldiers of Odin“ in Baden-Württemberg zu kennen. [Die Ortsangabe ist nicht korrekt. Tatsächlich fand das Treffen in Bayern statt.] Danach sei der Kontakt über längere Zeit eingeschlafen. Werner S. habe Steffen B. dann auf Facebook angeschrieben und ihn zur Chatgruppe für den gemeinsamen Besuch einer Demonstration am 3. Oktober 2019 in Berlin eingeladen. Der nächste persönliche Kontakt soll dann am 8. Februar 2020 beim zentralen Treffen der „Gruppe S“ in Minden stattgefunden haben.

Steffen B. über Werner S.: „Dominant“, „sympathisch“, schimpft viel

Auf die Frage nach Werner S.‘ Motivation für die Kontaktaufnahme habe Steffen B. angegeben, dass S. auf der Suche nach „Gleichgesinnten“ gewesen sei. Was damit gemeint sei, habe B. nicht näher erläutert. Auf die Frage, was Steffen B. von Werner S. halte, habe er ihn als „dominant“ und „kernigen Typ“ beschrieben, vor dem man Respekt habe. Auch Begriffe wie „urdeutsch“ und „sympathisch“ seien gefallen. Steffen B. habe den Eindruck gehabt, S. sei jemand, von dem man erwartet, dass er umsetzt, was er sagt. S. habe aber auch viel geschimpft, ohne Vorschläge zu machen, was zu tun sei.

Zum Mitangeklagten Thomas N. habe Steffen B. im Verhör am 14. Februar 2020 angegeben, dass er ihn von der Demonstration am 3. Oktober 2019 in Berlin kenne. N. habe sich nach Angaben von B. am 8. Februar 2020 beim Treffen in Minden zurückgehalten. Er sei ein „bodenständiger Fliesenleger“. Dagegen habe B. den Mitangeklagten Paul-Ludwig U. für sehr unsympathisch gehalten. U. habe viel erzählt, unter anderem von seiner langen Haftzeit. Persönlich habe er U. beim Treffen in Minden kennengelernt.

Tony E. sprach sich in Minden laut Steffen B. für Plakataktionen aus

Den Mitangeklagten Tony E. habe Steffen B. laut dessen Angaben nur unter dessen Vornamen gekannt, so der Zeuge. Der Kontakt sei über „Matthias“ [gemeint ist Werner S., der unter verschiedenen Namen auftrat] bei der Demonstration am 3. Oktober 2019 hergestellt worden. Steffen B. habe den Familienvater Tony E. mit sich selbst verglichen und als ruhigen Typen beschrieben, der sich in Minden für Plakataktionen ausgesprochen habe. Ihn habe er als einen „eher […] gemäßigten Vertreter“ bezeichnet. Befragt nach weiteren Personen, die er kenne, habe Steffen B. nur noch den Namen „Thor Tjark“ [Aliasname des Mitangeklagten Thorsten W.] und „Franky“ [Frank H.] genannt, den er aus Zeiten der „Soldiers of Odin“ und online gekannt habe.

Auf die Frage des VR, mit welchem Gefühl Julian B. aus der Vernehmung gegangen sei, antwortet der LKA-Ermittler, dass er den Beschuldigten gerne weitervernommen hätte, weil er noch viele Fragen gehabt habe. Steffen B. habe auf die gestellten Fragen immer die gleiche Antwort gegeben: Es sei nicht über Anschläge gesprochen worden.

Die Fundorte der Slam Gun und der Munition werden gezeigt

Der VR leitet zum nächsten Themenkomplex über. Darin geht es um die Hausdurchsuchung bei Steffen B. in Nienburg (Saale) am 14. Februar 2020. Es werden mehrere Fotografien der Soko „Valenz“ zur Hausdurchsuchung in Augenschein genommen. Zu sehen sind die Räumlichkeiten des Wohngebäudes, des Nebengelasses und der Scheune. Auf einem Bild ist die Auffindesituation der „Slam Gun“ in der Scheune abgebildet. Diese lag in einem weißen Plastiksack unter einem Fliesenhaufen. „Was macht das für einen Eindruck? Hat das jemand versteckt oder ist das eher zufällig?“, fragt der VR den Zeugen. Julian B. erklärt, dass es sich seinem Eindruck nach eindeutig um ein Versteck gehandelt habe. Der Sack sei fast vollständig mit Fliesen bedeckt gewesen. Auf einem anderen Bild ist ein Kaninchen-Stall im Nebengelass zu sehen. Dort wurde die Munition in einer weißen Tüte gefunden, nachdem Steffen B. die Ermittler*innen dorthin geführt hatte. Auf Nachfrage des VR erläutert der Zeuge, dass die „Slam Gun“ so gebaut worden sei, dass Munition vom Kaliber einer Schrotflinte hineinpasse.

Fundsachen: Waffen, Munition und Neonazi-Utensilien

Unter den 121 gezeigten Aufnahmen von der Hausdurchsuchung sind neben den Räumlichkeiten des Anwesens auch Bilder der Soko von Waffen, Munition, Neonazi-Artikeln, NS-Devotionalien, mehrere Handys und Speichermedien zu sehen. Die Ermittler*innen fanden im Schlafzimmer Schreckschuss- und Luftdruckwaffen. Des Weiteren wurde Munition im Haus gefunden. In einem Schrank befand sich Kleinkalibermunition. Diese sei nicht für die „Slam Gun“ geeignet gewesen. Die Ermittler fanden jedoch heraus, dass der Mitangeklagte Stefan K. im Frühjahr 2019 von André B. ein Gewehr mit dem gleichen Kaliber angeboten bekommen haben soll. Ob die Munition dafür eingesetzt werden könne, sei unbekannt. Darüber hinaus fanden die Ermittler*innen 151 Randfeuerpatronen, verpackt in drei Schachteln zu je 50 Schuss, sowie eine separate Patrone. In diesem Zusammenhang erläutert der Zeuge, dass bei Steffen B. vier Packungen mit „Slam Gun“- kompatibler Munition gefunden worden seien, beim Mitangeklagten Stefan K. zwei Packungen des gleichen Kalibers, jedoch von einem anderen Hersteller. Außerdem verweist der Zeuge darauf, dass bei Mario Sch. [aus Schönebeck, der der „Gruppe S“ die Waffen günstig gebaut und verkauft haben soll] eine baugleiche „Slam Gun“ wie bei Steffen B. gefunden worden sei. Darüber hinaus fanden die Ermittler*innen im Flur eine Axt, auf deren Stiel der Name „Steffen“ zu lesen war und auf dem Axtkopf „SS“. Nach Angabe des Angeklagten hätte die Axt der Dekoration, nicht der Selbstverteidigung gedient. Gefunden wurden auch ein Baseballschläger und eine Elektroschocklampe. In einer Kleiderschublade lagen zudem 1.050 Euro in Fünfziger-Scheinen, die nach Rücksprache mit der Bundesanwaltschaft (BA) beschlagnahmt wurden. Auf die extrem rechte Gesinnung des Angeklagten lassen die Kutte mit dem Emblem der „Vikings Security Germania“, ein Holzbrett mit der Aufschrift „Deutschland ewig treu“ [mit Abbildungen eines Hakenkreuzes und eines Reichsadlers] sowie zwei Bücher zur „Rassenkunde“ aus dem Jahr 1935 schließen. Auf dem Dachboden wurden zwei Fotografien aus der Zeit des Nationalsozialismus gefunden. Darauf zu sehen sind Hakenkreuz-Standarten und, wie Marcel W.s Verteidiger Picker den Ermittler korrigiert, nicht Soldaten, sondern einmal SA- und das andere Mal SS-Männer abgebildet.

Die „Slam Gun“ ist laut Gutachten funktionstüchtig

Nach der Mittagspause wird die am 14. Februar 2020 bei Steffen B. aufgefundene „Slam Gun“ vor Gericht gezeigt. Auf die Frage des VR, welche Besonderheit eine „Slam Gun“ aufweise, erklärt der Zeuge, dass es sich im Prinzip um eine selbstgebaute Schrotflinte handle. Er erklärt anhand des Asservats die Bauweise. Die einzelnen Teile könne man im Baumarkt erwerben. Vom Aufbau her habe eine Slam Gun eine einfache Form; ein herkömmlicher Abschussmechanismus fehle.

Michael B.s RA Berthold stellt von seinem Platz aus fest, dass die Nähte der Waffe sauber seien. Er habe den Eindruck, dass mit dieser Waffe nie geschossen wurde, und stellt deren Funktionsfähigkeit in Frage. Der VR möchte vom Zeugen wissen, welche Untersuchungen mit der Waffe durchgeführt wurden. LKA-Ermittler B. erörtert das Vorgehen. Einen ersten Anhaltspunkt auf die Waffe habe man aus einer E-Mail von Steffen B. an Werner S. vom 4. Oktober 2019 erhalten. Die E-Mail beinhaltete vier Fotos und wurde bei der Telekommunikationüberwachung (TKÜ) abgefangen. Man habe auf dieser Grundlage einen Nachbau angefertigt. Dies sei auf Bitte und in Absprache mit der Bundesanwaltschaft geschehen.

Mit dem Nachbau habe man die Funktionsweise getestet, indem man auf einen Gelatine-Block geschossen habe. Ein kurzes Video des Versuchs wird vor Gericht gezeigt. Es zeigt den Einschlag einer Kugel in den Gelatine-Block. Mehrere RAs melden Zweifel am Beweiswert des gezeigten Videos an, da nicht ersichtlich sei, aus welcher Entfernung geschossen und wie der Zündmechanismus ausgelöst wurde. Die Ermittler*innen hingegen halten die Waffe ebenso wie den Nachbau für funktionstüchtig, was sie nicht überraschte, da es sich nicht um eine außergewöhnliche Waffe handle. Überrascht sei man eher davon gewesen, dass ein Nachbau angefertigt werden sollte. Ein Gutachten zur Funktionsfähigkeit der nachgebauten Waffe wurde am 7. Februar 2020 fertiggestellt, also einen Tag vor dem Treffen in Minden. Darüber hinaus seien weitere Untersuchungen zur waffenrechtlichen Einordnung vorgenommen und die Waffe nach der Beschlagnahmung auf Fingerabdrücke und DNA-Spuren untersucht worden.

Steffen B. versendete Fotos der „Slam Gun“ an Werner S.

In Zusammenhang mit der Slam Gun gibt es einen Vermerk in der Akte vom 20. Dezember 2019 mit der Überschrift „Relevante E-Mails beim Beschuldigten S.“. Der VR möchte vom Zeugen wissen, was es mit diesem Vermerk auf sich habe. LKA-Ermittler Julian B. berichtet, dass am 20. Dezember 2019 bei ihnen mehrere E-Mails des Angeklagten Werner S. aus der Vergangenheit eingegangen seien, die über die TKÜ abgefangen wurden. Vermutlich habe Werner S. seine E-Mails an diesem Tag auf ein neues Gerät geladen. Der VR korrigiert den Zeugen, dass die Mails bereits einen Tag zuvor eingegangen seien, und fragt, woher man wisse, dass Werner S. der Inhaber der E-Mail-Adresse sei. Dies habe man, so der Zeuge, über einen Abgleich mit den Aktivitäten von Werner S. in sozialen Medien herausgefunden. Zudem habe S. die Adresse in Aufnahmen überwachter Telefonate selbst genannt. Deshalb habe man die Überwachung der E-Mail-Adresse beantragt. Am 4. Oktober 2019 habe Steffen B. über die E-Mail-Adresse seiner Frau Susanne (damals noch mit dem Nachnamen L.] kommentarlos vier Bilder an Werner S. gesendet. Die Bilder werden vor Gericht in Augenschein genommen. Darauf sind die Munition sowie die „Slam Gun“ aus verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlichen Zusammensetzungen zu sehen. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass die Bilder vom Handy des Angeklagten Steffen B. versendet wurden. Die in den Metadaten gespeicherten Koordinaten hätten zu B.s Anwesen geführt.

Auf die Frage, ob die Bilder mit dem Fund vom 14. Februar 2020 übereinstimmen, verweist der Zeuge darauf, dass sowohl die Waffe wie auch der Plastiksack identisch aussehen und B. selbst eingeräumt habe, die Bilder an Werner S. gesendet zu haben. Die E-Mail-Überwachung habe des Weiteren ergeben, dass die E-Mail an zwei Empfänger weitergeleitet wurde. Bei einer der beiden Adressen habe man keine Anfrage zur Ermittlung des Inhabers durchgeführt, da der Provider im Ausland sitze. Bei dem in dieser Adresse verwendeten Namen handle es sich aber um einen Nicknamen, den man vom Zeugen Marcel L. kenne. Die zweite E-Mail-Adresse konnte dem Angeklagten Michael B. zugeordnet werden. Dazu passe auch ein Telefonat, das Werner S. am 5. Oktober 2019 mit Michael B. geführt habe. Darin wurden Codewörter wie „Tretroller“, „Rücktrittbremse“ und „Batterien“ verwendet, die die Ermittler*innen als Chiffren für Waffen und Munition deuten.

Zum Abschluss seiner Zeugenbefragung möchte der VR vom LKA-Ermittler Julian B. wissen, wie es zu einem Vermerk vom 12. September 2019 gekommen sei, den der Zeuge angefertigt habe. Der Zeuge erläutert, dass der Ausgangspunkt für den Vermerk eine polizeiliche Vernehmung von Paul-Ludwig U. am 10. September 2019 in Gießen gewesen sei. U. habe gegenüber einem Kriminalhauptkommissar der Kriminalpolizeiinspektion Würzburg von seiner Aussage über Johnny L. aus Gießen berichtet. Der Würzburger Polizeibeamte habe U. so eingeschätzt, dass es diesem nach seiner langen Haftzeit nicht gelinge, Social-Media-Inhalte in die Realität einzuordnen. So zum Beispiel die Bedeutung einer „Notfallliste“, die U. an den Würzburger Beamten sendete, die dieser wiederum an seinen Stuttgarter Kollegen Julian B. weiterleitete. Der Angeklagte Frank H. erklärt zu einem späteren Zeitpunkt des Prozesstages, dass diese „Notfallliste“ in der Telegram-Gruppe von Marion G. kursiert sei.

Steffen B. hat hohe Schulden angehäuft

Richterin Geist setzt die Zeugenvernehmung durch den Senat fort. Sie fragt den Zeugen Julian B., ob der Beschuldigte Steffen B. in der Vernehmung am 14. Februar 2020 etwas zur Herkunft der Munition gesagt habe. Laut Julian B. sagte Steffen B. aus, die Munition habe er von Mario Sch. erhalten. An den genannten Preis kann sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Die Richterin hält ihm aus dem Vernehmungsprotokoll vor, dass es rund 30 Euro gewesen seien. Kurz darauf habe Steffen B. seine Aussage ergänzt. Er gab an, dass Mario Sch. auf seine Bitte hin die „Slam Gun“ gebaut habe. Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten Steffen B. befragt, gibt der LKA-Zeuge an, dass B. verschuldet gewesen sei. Der VR konkretisiert, dass B. beim Finanzamt, der Krankenversicherung und beim Jobcenter Schulden in Höhe eines mittleren fünfstelligen Betrags angehäuft habe.

Richter Kemmner kommt nochmal auf die Beteiligten des Treffens in Minden zu sprechen. Er fragt, ob Steffen B. gegenüber dem LKA-Zeugen den genannten „Franky“ noch einer anderen Gruppe als den „Soldiers of Odin“ habe zuordnen können. Der Zeuge erinnert sich, dass Steffen B. „Franky“ auch den „Wodans Erben Germanien“ aus Bayern zugeordnet habe. „Franky“ sei zusammen mit einem Thomas von den „Wodans Erben Germanien“ aus Bayern angereist, allerdings kann der Zeuge keine weiteren Informationen zu diesem Thomas abrufen.

Wollte Paul U. eine terroristische Vereinigung überführen oder planen?

Nun erhalten die Verteidiger*innen die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Tony E.s RA Hofstätter geht auf das Verhältnis des Zeugen zu Paul-Ludwig U. ein. Der Zeuge gibt an, nur einmal persönlich mit ihm telefoniert zu haben. Ansonsten habe er die Niederschriften aus den Vernehmungen durch seine Vorgesetzten Frau S. und Herr K. erhalten. Auf die Frage von RA Hofstätter, ob er sich mit seinen Vorgesetzten darüber unterhalten habe, sagt der Zeuge B. aus, dass dies bestimmt der Fall gewesen sei, er sich aber nicht mehr an die Inhalte erinnern könne.

RA Hofstätter greift eine Aussage des Zeugen auf, dass Paul-Ludwig U. „immer als Beschuldigter“ geführt wurde. Die Frage, ob er sich mit seinen Vorgesetzten über U.s Status ausgetauscht habe, verneint der Zeuge. Es habe eine klare Ansage der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegeben, dass U. als Beschuldigter in Zusammenhang mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung geführt werde. RA Hofstätter hakt nach, ob er das in der Belehrung gegenüber U. im Telefonat so auch mitgeteilt habe. An dieser Stelle korrigiert sich der Zeuge. Er könne nicht mehr genau sagen, ob er vor oder nach dem 25. November 2019 mit U. telefoniert habe. An diesem Tag habe die Bundesanwaltschaft das Verfahren übernommen und wegen des Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt.

RA Hofstätter fragt darüber hinaus, ob der LKA-Zeuge B. seine wesentlichen Erkenntnisse aus der TKÜ des Angeklagten U. entnommen habe. Der Zeuge berichtigt den Anwalt. Er habe seine Erkenntnisse aus der gesamten TKÜ erhalten. Die Niederschriften hätten ihm mit einem geringen Zeitversatz tagesaktuell vorgelegen. RA Hofstätter greift den Punkt auf. Der Zeuge habe die Gespräche von U. mit seinen Bewährungshelfer*innen, Freund*innen etc. vorliegen gehabt und darüber mitbekommen, was U. gesagt hat. Der Anwalt fragt den Zeugen, mit welcher Motivation Paul-Ludwig U. nach Minden gefahren sei. Der Zeuge gibt an, hierüber keine Auskunft geben zu können. Er möchte nicht spekulieren. Aus der TKÜ wisse man, dass U. aufgrund seiner Vergangenheit den Wunsch hatte, der Polizei zu helfen. RA Hofstätter fragt nach, ob sich der Zeuge erinnern könne, dass U. über Zeugenschutz gesprochen habe. Daran kann sich der Zeuge B. nicht erinnern, da er die TKÜ selbst nicht gehört habe. RA Hofstätter hakt weiter nach: Ist Paul-Ludwig U. nach Minden gefahren, um eine terroristische Vereinigung zu überführen oder an deren Aufbau mitzuplanen? Der Zeuge wiederholt, dass er zu U.s Intention keine Angabe machen könne. „Ist er freiwillig hingefahren?“, fragt der Anwalt. „Ich weiß es nicht“, entgegnet Julian B.

Der Zeuge habe nur an den GBA Ermittlungsakten persönlich weitergegeben

RA Berthold stellt weitere Fragen „zur Waffe oder was da vorne liegt“. Er fragt den Zeugen, ob er versucht habe, damit zu schießen. Außerdem möchte er wissen, ob Steffen B. sagte, dass er damit geschossen habe. Zur ersten Frage verweist der Zeuge auf das Gutachten. Zur zweiten Frage sagt Julian B. aus, dass der Angeklagte angegeben habe, nicht mit der Waffe geschossen zu haben.

Steffen B.s RA Ried geht auf die Rolle des Zeugen bei den Ermittlungen ein. Der Zeuge habe die Verfahrensakten beim LKA geführt. Die Akten seien vom LKA geschlossen und an die Bundesanwaltschaft übergeben worden. Da nun ein Terrorverfahren laufe, will der Anwalt wissen, ob sich das „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) damit beschäftigt habe. Der Zeuge verneint. Auf die Frage, ob sich weitere Behörden wie das Kanzleramt oder der Ministerpräsident mit dem Verfahren beschäftigt haben, erklärt der Zeuge, dass er außer an die BA keine Akten, auch nicht in Teilen, weitergegeben habe. Es gebe Informationspflichten gegenüber dem Landesinnenministerium, aber eine Weitergabe an andere Behörden habe es „durch mich persönlich nicht“ gegeben, so der Zeuge.

Michael B.s RA Mandic fragt nach, wie die Akten zur BA gelangt seien und ob es an den Akten Beanstandungen gab. Der Zeuge sagt aus, dass die Akten in Kartons gepackt und per Dienstwagen nach Karlsruhe transportiert worden seien. Es habe auch eine Nachlieferung an Akten gegeben. Bei einzelnen Akten sei die Reihenfolge geändert worden, etwa wenn die Akte zu voll und daher auf zwei Ordner aufgeteilt worden sei. Die Frage des RA, ob bei den Akten etwas weggelassen wurde, verneint der Zeuge.

Wie beeinflussten die Berichterstattung und Gespräche im Kollegium den Zeugen?

RA Mandic geht auf die Rolle der Presseberichterstattung für die Ermittlungen ein. Er möchte vom Zeugen wissen, ob er und seine Kolleg*innen die Berichterstattung verfolgen und wie sie über kritische Artikel aus den „Stuttgarter Nachrichten“ zur Rolle von Paul-Ludwig U. im Kollegium sprächen. Der Zeuge erklärt, dass es über den Prozess eine gute Berichterstattung gebe. Er selbst habe kaum Zeit, sich damit zu beschäftigen, sehe aber hin und wieder Push-Nachrichten auf seinem Handy. Im Kollegium sei immer klar gewesen, dass U. als Beschuldigter geführt werde. Auf RA Mandics Frage, ob U.s unklarer Status den Prozess gefährde, erwidert der Zeuge, dass es keinen unklaren Status gebe. Auf die Frage, wie man im Kollegium über den Prozess rede, gibt der Zeuge an, man spreche auf der Ebene von „Wie wars? – Ja, anstrengend“, pflege aber keinen tiefergehenden inhaltlichen Austausch über das Verfahren. Man rede eher allgemein über Oberflächliches. An längere Austausche mit seinen Kolleg*innen könne er sich nicht erinnern. Für den RA klingt das unglaubwürdig. Der Zeuge erinnere sich an Details bei Hausdurchsuchungen, könne sich aber nicht an Einsatzbesprechungen und den Austausch mit seinen Kolleg*innen erinnern. „Das wollen Sie mir als glaubhafte Aussage darstellen?“, echauffiert sich der RA. „Das hat er getan“, schaltet sich der VR ein, was RA Mandic auf die Palme bringt.

Wolfgang W.s RA Grassl greift die Medienberichterstattung zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf. Bezugnehmend auf die Angabe des Zeugen, dass er Sachverhalte der Medienberichterstattung entnehme, möchte er vom Zeugen wissen, ob die Berichterstattung als Erkenntnisquelle genutzt werde und wenn ja, ob dies dienstlich oder privat geschehe. Der Zeuge erklärt, dass dienstlich bekannt sei, dass eine Seite aus Nordrhein-Westfalen ausführlich über den Prozess berichte. Im LKA Baden-Württemberg habe es anfangs einen Pressespiegel zum Verfahren gegeben. Er wisse aber nicht, ob dieser aktuell noch geführt werde. Privat lese er im Internet sporadisch Artikel bei „Spiegel Online“ oder der „New York Times“. Aktiv gesucht habe er danach nicht. Hin und wieder werde auf Artikel verwiesen, wie etwa auf den von EXIF zum Zeugen Thorsten K. [https://exif-recherche.org/?p=7045]

Mario Sch.: ein „amtlich bekannter Anscheißer“?

RA Picker fragt den LKA-Zeugen, wie er an die Vernehmung von Steffen B. herangegangen sei, und möchte wissen, ob der Ermittler die Angaben von Paul-Ludwig U. für wahr gehalten habe. Außerdem stelle sich ihm die Frage, ob er offen oder mit einer Hypothese in die Vernehmung gegangen sei. Der Zeuge erklärt, dass es nicht seine Aufgabe sei, die Angaben von U. als die Wahrheit zu betrachten. Es sei ihm darum gegangen, die vorliegenden Fakten zu überprüfen. Dafür habe er in der Vernehmung offene und geschlossene Fragen gestellt, ab und zu auch eine Suggestivfrage.

Des Weiteren möchte der RA wissen, ob er sich näher mit Mario Sch. beschäftigt habe. Der Zeuge gibt an, dass er zwar bei einer der beiden Hausdurchsuchungen bei Mario Sch. dabei gewesen sei, sich aber nicht näher mit der Sache und der Person auseinandergesetzt habe. Bei der ersten Durchsuchung ging es um Waffen und Munition, bei der zweiten um die Werkstatt von Mario Sch. Auf die Frage von RA Picker, ob ihm Szene-Gerüchte bekannt seien, dass Sch. für den Verfassungsschutz arbeite, antwortet der Zeuge, dass ihm keine Szene-Gerüchte bekannt seien, aber Mario Sch. in Chats, an denen auch Steffen B. beteiligt war, als „amtlich bekannter Anscheißer“ bezeichnet worden sei.

Welche Rolle spielt der externe Berater der Soko?

Tony E.s Verteidiger Becker stellt die Frage in den Raum, ob der Soko „Valenz“ ein externer Berater zur Seite gestanden habe, etwa bei der Zusammenführung von Akten. Der Zeuge gibt sich ahnungslos. Er habe die Akten nach einem Aktenplan der BA geführt. Durch RA Becker an seine Wahrheitspflicht erinnert, bekräftigt der Zeuge, hierfür allein zuständig gewesen zu sein. Kurz vor der Abgabe habe ihn ein junger Kollege, Herr M., unterstützt, jedoch nicht bei der Aktenführung.

RA Mandic fragt, ob der Soko allgemein ein Berater zur Verfügung stand. Der Zeuge bejaht. Ein externer Berater sei Standard in einer Soko. RA Becker greift den Punkt erneut auf. Zuerst verneine der Zeuge, dass es einen Berater gab, dann bejahe er dies bei der Frage von RA Mandic. Der Zeuge betont, dass der Fragefokus unterschiedlich war. RA Becker habe gefragt, ob er selbst einen Berater beansprucht habe, RA Mandic habe dagegen allgemeiner gefragt.

RA Becker erkundigt sich, welche Rolle der Berater in der Soko spielte, um wen es sich handle und ob es persönliche Gespräche zwischen dem Berater und den Zeugen gab. Julian B. gibt an, dass es sich um Jürgen M., einen früheren LKA-Beamten handle, von dem er aber nicht wisse, ob er noch im LKA tätig war, als die Soko arbeitete. M.s Aufgabe sei die Qualitätssicherung der Soko gewesen. Er habe während der Soko-Zeit einmal mit ihm Kaffee getrunken, könne sich aber an die Gesprächsinhalte nicht mehr erinnern.

Steffen B.s Verteidiger RA Flintrop fragt nach, wann und wie der Berater der Soko vorgestellt wurde und ob es weitere Kontakte vis-à-vis gab. Der Zeuge sagt aus, dass der Berater „mit Sicherheit“ vorgestellt wurde, aber wie genau, daran könne er sich nicht erinnern. Der Berater sei auch zum Gespräch in sein Büro gekommen, aber über Inhalte könne er nichts mehr sagen, weil er es nicht mehr wisse. Die gleiche Antwort erhält RA Flintrop auch auf die Frage, wer die Idee eines Beraters im LKA vorgestellt habe, was den RA ungläubig mit den Worten schließen lässt: „Der kam eines Tages mit dem Fallschirm und war plötzlich da?“

Der Zeuge bringt den Begriff „Entnazifizierung“ nicht mit dem Verfahren in Verbindung

Thomas N.s Verteidiger Sprafke fragt den Zeugen, was er mit dem Begriff „Entnazifizierung“ verbinde. Der Zeuge geht auf die historische Bedeutung des Begriffs nach dem Zweiten Weltkrieg ein und dass der Begriff im aktuellen Krieg in der Ukraine vom russischen Präsidenten Putin verwendet werde. Auf die Nachfrage von RA Sprafke, ob er in seiner herausgehobenen Stellung im Ermittlungsverfahren den „Entnazifizierungsbegriff“ mit dem laufenden Verfahren in Verbindung bringt, antwortet der Zeuge mit „Nein“, was eine ungläubige Reaktion des Anwalts hervorruft. [Sein Mandant Thomas N. verwendete den Begriff mehrfach in TKÜs und auch beim Treffen in Minden, womit er mehreren Teilnehmern nachhaltig in Erinnerung blieb].

Thorsten K. soll sich im Zeugenschutz des LKA Hamburg befinden

In einem weiteren Fragekomplex greifen mehrere Anwält*innen die Person Thorsten K. aus Bad Bramstedt auf. RA Flintrop fragt den LKA-Ermittler B., ob ihm der Name bekannt sei und welche Funktion Thorsten K. im Verfahren einnehme. Der Zeuge antwortet, dass er den Namen kenne und dass Thorsten K. als Zeuge geführt werde. Er selbst habe sich kaum mit K. befasst. Er habe eine Melderegisteranfrage gestartet, um K.s Personalien zu ermitteln, aber keine Auskunft erhalten. Auch anderen Kolleg*innen sei das so gegangen. Man habe gewusst, dass Thorsten K. in Bad Bramstedt wohne. Der Inspektionsleiter L. habe bei der Bürgermeisterin versucht, die Meldedaten zu erheben. Die Bürgermeisterin habe mitgeteilt, dass sich K. im Zeugenschutz des LKA Hamburg befinde und man deshalb keine Auskunft erteilen könne. Da Thorsten K. laut BA kein Beschuldigter gewesen sei, habe man keine weiteren Informationen erhalten. Werner S.‘ Verteidiger Siebers fragt den Zeugen, ob ihm das Gerücht bekannt sei, dass Thorsten K. als V-Mann für den Verfassungsschutz arbeite. Der Zeuge gibt an, dass er das nur in den Medien mitbekommen habe. RA Siebers fragt weiter, ob ihm das Gerücht bekannt sei, dass Ralf N. von der „Bruderschaft Deutschland“ ein Spitzel des Verfassungsschutzes sei. Dieses Gerücht sage ihm nichts, antwortet der Zeuge.

Über Anfragen beim Auswärtigen Amt (AA) und bei französischen Behörden habe man herausfinden wollen, was an den Behauptungen dran sei, Thorsten K. besitze den Diplomatenstatus und sei früher Mitglied der Fremdenlegion gewesen, so der Zeuge. Für beide Angaben habe man keine Erkenntnisse vorliegen, die das bestätigen könnten. Markus K.s Verteidigerin Schwaben erfragt, nach welchem Namen in diesem Zusammenhang beim AA und in Frankreich nachgefragt wurde. Der Zeuge kann hierzu keine Angabe machen, weil er mit diesem Vorgang nicht betraut gewesen sei. RAin Schwaben befragt den Zeugen, ob er wisse, dass die Adresse von Thorsten K. dem Polizeiobermeister B. am 25. November 2019 vorgelegen habe. Dieser B. habe die Anschrift über eine OSINT-Abfrage [Open Source Intelligence] herausgefunden. Sie fragt den Zeugen Julian B., woher sein Kollege die Adresse erhalten habe, und hält Julian B. vor, diesen Sachverhalt anders dargestellt zu haben. Der Ermittler gibt an, dass man über die Telefonanbieter und soziale Medien zwei Adressen herausgefunden habe. Es sei aber nicht möglich gewesen, diese Angaben über das Melderegister zu bestätigen.

Der Zeuge weiß nicht (mehr) viel

In den Fokus der Anwält*innen rückt auch die Einsatzplanung des LKA für den 8. und 14. Februar 2020. Frank H.s RA Herzogenrath-Amelung greift die Aussage des Zeugen auf, er sei am 8. Februar während des Treffens in Minden quasi live dabei gewesen. Er möchte wissen, wo er sich da befunden hätte und ob er allein gewesen sei. Der Zeuge gibt an, dass er sich im Lagezentrum in Fellbach aufgehalten habe. Bei ihm seien unter anderem die Vorgesetzten Herr K. und Herr L. gewesen. Wann er am Lagezentrum angekommen und wann er gegangen sei, daran könne er sich nicht mehr erinnern. Auf die Frage, ob es Kontakt zu den Kolleg*innen vor Ort gab, verweist der Zeuge auf seine Amtsverschwiegenheit.

Zur Frage des RA, ob es Kontakt zum Angeklagten Paul-Ludwig U. gab, verweist er auf einen Anruf U.s, der in der TKÜ zu finden sei. Als der Zeuge auf die Frage, ob vor Ort ein Zugriff möglich gewesen wäre, antwortet, er könne das nicht sagen, fragt RA Herzogenrath-Amelung, ob das wegen der Amtsverschwiegenheit oder aus Unwissenheit der Fall sei. „Sowohl als auch“, antwortet der LKA-Zeuge. Bei Fragen, ob es eine Einsatzplanung gab, ob Verfassungsschutzämter mit eigenen Observationskräften vor Ort waren und ob man in der Vorbesprechung verschiedene Szenarien besprochen habe, entgegnet der Zeuge mit „Weiß ich nicht“.

RA Mandic sieht einen Widerspruch darin, dass der Zeuge hinsichtlich der Einsatzplanung sowohl Nichtwissen angibt als auch auf sein Dienstgeheimnis verweist. Der Zeuge erwidert, er könne nichts sagen, weil er es nicht könne. Und wenn er könnte, dann würde er es wegen des Dienstgeheimnisses nicht sagen. RA Mandic droht mit einem Vereidigungsantrag und bohrt hinsichtlich der Einsatzplanung vor dem Treffen in Minden nach: Gab es Einsatzbesprechungen? Wenn ja, wie viele? Als der Zeuge angibt, er könne es nicht sagen, und nicht mal eine Schätzung zur Anzahl der Vorbereitungstermine abgeben will, beantragt RA Mandic ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, weil der Zeuge wider besseres Wissen nichts über die Einsatzplanung preisgebe. Der Antrag wird nach einer kurzen Unterbrechung abgelehnt, weil das Tatmerkmal nicht erfüllt sei.

Die Verteidigung beklagt das Aussageverhalten des Zeugen

Das Aussageverhalten des Zeugen stößt in den Reihen der Verteidigung auf Unverständnis. RA Mandic beantragt die Vereidigung des Zeugen, da dieser Informationen verweigert habe und sich bei wichtigen Fragen auf Gedächtnislücken berufe. Oberstaatsanwältin Bellay sieht die Voraussetzungen für eine Vereidigung als nicht gegeben an. Die Verteidigungen der Angeklagten Thomas N. und Tony E. schließen sich dem Antrag an. Der VR verfügt, dass der Antrag abgelehnt wird. Daran ändert auch RA Mandics Antrag auf Gerichtsbeschluss nichts. Der Zeuge wird unvereidigt entlassen. Der VR schließt jedoch nicht aus, den Zeugen erneut vorzuladen.

In ihren Erklärungen zum Zeugen äußern die Anwält*innen ihren Unmut über das Aussageverhalten. RA Sprafke sagt, wenn es strafbar wäre, dass der Zeuge die Verteidigung für dumm verkaufe, dann hätte er einen Strafantrag gestellt. RA Hofstätter glaubt, dass die Ermittler*innen die Intention von Paul-Ludwig U. zur Fahrt nach Minden sehr gut einschätzen konnten. Ansonsten hätte man schließlich einen potenziellen Terroristen nach Minden geschickt. „Das gibt es nicht, dass man Beschuldigte losschickt und sagt, mach mal weiter“, so der RA. In seinen Augen sei Paul-Ludwig U. ein „vorsatzloser Agent Provocateur suis generis“.

RA Siebers fasst zusammen, dass aus seiner Sicht Steffen B., wie auch schon andere, bestätigt habe, dass es sich in Minden um eine Zusammenkunft mehrerer Personen handelte, die sich zum Teil nicht kannten, die kein gemeinsames Ziel hatten, keinen Folgetermin vereinbarten, keine Gelder gesammelt hätten und die in Minden keine Bestrebungen gezeigt hätten, dem Zusammenschluss einen Namen zu geben.

RA Picker gibt an, dass er die Zeugenpolitik des Landes Baden-Württemberg nicht verstehe. Statt klipp und klar zu sagen, dass man nichts sagen könne, werde eine fehlende Erinnerung vorgetäuscht.

Pickers Kollege RA Miksch hält die „Slam Gun“ für Überfälle terroristischer Art für ungeeignet.

RAin Schwaben äußert, ihr sei bei der Zeugenaussage von Herrn B. aufgefallen, dass dieser zu den Fragen des Senats „in einer Souveränität“ Angaben gemacht habe, die für einen jungen Zeugen „bemerkenswert“ sei. Dagegen stehe der durchgehende Erinnerungsverlust bei Fragen der Verteidigung.