Am 30. Prozesstag am 21. September 2021 ging es um den der Unterstützung der terroristischen Vereinigung „Gruppe S“ angeklagten Polizeiverwaltungsbeamten Thorsten W. aus Hamm (NRW). Als Zeugin geladen war eine LKA-Hauptkommissarin, die am 14. Februar 2020 die Hausdurchsuchung bei W. und auch seine Festnahme und Erstvernehmung geleitet hatte. Wirklich Neues kam dabei nicht zu Tage. An einer möglicherweise wichtigen Stelle der offenbar unter Zeitdruck gestandenen Vernehmung streikte die Technik, und mindestens eine Seite des Vernehmungsprotokolls ging verloren. Zu diesem Zeitpunkt ging es auch um die Frage, ob W. am 8. Februar 2020 beim Treffen in Minden finanzielle Unterstützung für den Waffenkauf zugesagt hatte – oder eben auch nicht, wie er immer wieder betont hatte.
Der Vorsitzende Richter (VR) eröffnet den Hauptverhandlungstag und erläutert das Tagesprogramm. Anschließend belehrt er die Zeugin Maren Se. (30). Frau Se. ist seit 2010 im Polizeidienst und seit einigen Jahren beim LKA Baden-Württemberg beschäftigt, aktuell als Hauptkommissarin in der Stabsstelle 020. Beim LKA sei sie bereits sowohl mit den Bereichen „Linksextremismus“ und „Rechtsextremismus“ als auch „Islamismus“ befasst gewesen. Bei den Ermittlungen zum Tatkomplex „Gruppe S“ sei sie von Beginn an als Hauptsachbearbeiterin beteiligt gewesen. Sie habe die Berichte der Kolleg*innen auf den Tisch bekommen, wenn nötig Korrekturen vorgenommen und auf Leerstellen und noch mögliche Ermittlungsansätze aufmerksam gemacht sowie Sachstandberichte und Strukturberichte geschrieben. Dementsprechend habe sie über alles Bescheid gewusst und den Gesamtüberblick behalten. Sie habe auch Vernehmungen durchgeführt. In der Hierarchie über ihr und ihren Kollegen K. und L. hätten die Leiter der Auswertung und Maßnahmen sowie die Soko-Leitung gestanden.
Die Durchsuchung bei Thorsten W.
Den Mittwoch vor dem Tag der Durchsuchungen am 14. Februar 2020, eventuell auch schon am Dienstag, habe sie damit verbracht, die Anträge für die Durchsuchungen zu schreiben. Am Donnerstag sei sie nach Bielefeld gereist, am Freitag hätten die Durchsuchungen stattgefunden, und am Samstag die Vorführung in Karlsruhe.
Auf Frage des VR, was sie zu diesem Zeitpunkt über „die persönlichen Belange der Angeklagten“ gewusst habe, antwortet Frau Se., dass sie über Paul-Ludwig U., Werner S., Michael B., Frank H, Marcel W., Steffen B. und Thomas N. viel gewusst habe, die anderen seien ja erst beim Mindener Treffen dazugekommen, ihr aber teilweise schon aus der TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) bekannt gewesen. Durch die Ermittlungsarbeit habe sich auch herauskristallisiert, wer in der Struktur mehr zu sagen gehabt und die Sache vorangetrieben habe. An der Spitze habe Werner S. gestanden und sich „intensiv“ mit Tony E. abgesprochen. Unterhalb dieser Ebene sei es „schwammig“ gewesen. Relevant seien zum Beispiel die „Köpfe“ der Gruppierungen (W.E.G. und VSG) gewesen, also Frank H. und Steffen B., aber auch Thomas N. Andere habe sie nicht so sehr „auf dem Schirm“ gehabt, beispielsweise Ulf R., Thorsten W. und Stefan K.
Auf Frage des VR nach der Verteilung der Arbeit bei den anstehenden Durchsuchungen antwortet die Zeugin, dass sie an der Aufteilung der Zuständigkeiten nicht beteiligt gewesen und auch selbst zugeteilt worden sei. Es sei Verstärkung durch externe Kolleg*innen mit Erfahrung bei Durchsuchungen angefordert worden, unter anderem von der Bereitschaftspolizei.
Sie sei, so Maren Se., mit ihrer Kollegin Sch. am Tag vor der Durchsuchung in Hamm mit dem Auto nach Bielefeld gereist und habe dort in einem Hotel übernachtet. Sch. sei in etwa so wie sie selbst informiert gewesen. Mit einem separaten Fahrzeug seien zudem die Kollegen H. und St. angereist. Sie selbst sei die Leiterin der Durchsuchungsmaßnahme („Objektverantwortliche“) gewesen. Alle Durchsuchungen hätten zeitgleich um 6:00 Uhr früh begonnen. Zuerst sei ein SEK bei Thorsten W. reingegangen, anschließend seien mit einem Polizeihund alle Zimmer nach Waffen und Sprengstoff abgesucht worden. Ab 6:15 Uhr habe sie selbst Kontakt zu W. gehabt, ihm den Grund für die Durchsuchung genannt und ihn in Anwesenheit von Kolleg*innen darüber belehrt, dass wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt werde. Dann habe sie ihm den Durchsuchungsbeschluss ausgehändigt. W. sei gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Frau G. angetroffen worden. Er habe total geschockt, besorgt und nervös gewirkt, sei aber auch in sich gekehrt und sehr ruhig gewesen. Und er habe geäußert, dass er kooperieren wolle. Er habe auch auf Fragen geantwortet, zunächst aber nicht den Grund für die Durchsuchung verstanden. Dann habe er gesagt, dass er an dem Treffen [in Minden] teilgenommen habe, weil er von einem Mittelalter-Treffen ausgegangen sei. Er habe außer dem Gastgeber Thomas N. niemanden gekannt.
Nur Vernehmung oder auch Festnahme?
Die Frage des VR, ob ihr von Anfang an klar gewesen sei, dass W. festgenommen würde, verneint die Zeugin, die Einsatzleitung habe das dann in Absprache mit der Generalbundesanwaltschaft so entschieden. W. habe sich, so die Zeugin, während der Durchsuchung nur zum Tatvorwurf, zum bei ihm gefundenen Marihuana und auf die Frage nach seinem Wohnwagen geäußert. Das Marihuana sei „altes Rauchkraut“ für den Eigengebrauch, derzeit konsumiere er es aber nicht. Man habe W. auch zu seinem Wohnwagen befragt. [offenbar weil dieser als Versteck genutzt werden könnte] Der Wohnwagen stehe auf dem Campingplatz Katharinenhof auf der Ostseeinsel Fehmarn. Über weitere Themen sei während der Durchsuchung nicht gesprochen worden. Später sei man dann wie geplant mit W. zur Vernehmung ins Polizeipräsidium (PP) Dortmund gefahren. Während des Tages sei W. immer mal wieder gefragt worden, ob er etwas essen wolle. Er habe das stets abgelehnt und nur etwas getrunken.
Die Durchsuchung habe, so die Zeugin auf Frage des VR, relativ lange gedauert, möglicherweise bis etwa 13:00 Uhr, die Vernehmung in der Staatsschutzabteilung des PP Dortmund sei um 14:15 Uhr gestartet. Der VR zitiert aus den Akten, nach denen die Durchsuchung um 12:05 Uhr beendet worden sei.
An der durch einige Pausen unterbrochenen Vernehmung hätten dann, so die Zeugin, neben ihr selbst noch ihre Kollegin Sch., Herr Ha. vom Polizeilichen Staatsschutz Dortmund sowie eine Schreibkraft aus Dortmund teilgenommen. Der nicht in den Themenkomplex involvierte Ha. habe hin und wieder eine Nachfrage gestellt, aber nur etwa zehn Prozent Fragenanteil gehabt. Zu 90 Prozent habe sie selbst die Fragen gestellt. Der Beschuldigte sei nervös gewesen, habe sich aber konzentrieren und folgen können. Zwischendurch sei er mal kurz aufgebracht und genervt gewesen, nachdem sie ihm mehrfach dieselbe Frage gestellt habe. Er habe geäußert, nicht zu verstehen, wieso er beschuldigt werde.
Auf die Frage des VR, ob Thorsten W., wie dieser behauptet habe, gesagt worden sei, er dürfe nach der Vernehmung nach Hause gehen, antwortet die Zeugin, dass sie das „glaube ich ausschließen“ könne. Die Anweisung, W. festzunehmen und nach der Vernehmung für eine Vorführung am nächsten Tag in Karlsruhe zu übergeben, sei während der Durchsuchung angekommen. Darüber habe sie W. auch informiert, ihr sei aber nicht mehr in Erinnerung, wann das genau geschehen sei.
„Was lief beim Treffen in Minden?“
Die Vernehmung sei unter ihrer Aufsicht im Wortlaut „sehr fix“ von der Schreibkraft protokolliert worden, so Se. Sie sei sehr begeistert von der Schreibkraft gewesen, das habe sie schon anders erlebt. Zu Beginn der Vernehmung sei W. erneut belehrt worden, und man habe ihm den Tatvorwurf erläutert. Anschließend sei W. dann zur Person befragt worden, danach zum Tatvorwurf. Zur Sache sei sie, so die Zeugin, mit einer „offenen Frage“ eingestiegen („Was lief beim Treffen in Minden?“), „damit sich der Beschuldigte erst einmal frei äußern kann“. Im Vorfeld habe sie einen Fragenkatalog für sämtliche Erstvernehmungen ausgearbeitet, diesen aber selbst nicht benutzt, da sie die Fragen im Kopf gehabt habe. Auf Frage des VR, wie sie W. „intellektuellen Möglichkeiten“ einschätzen würde, antwortet die Zeugin mit „nicht überragend, eher durchschnittlich“.
Der VR möchte wissen, ob Thorsten W. bereits vor dem Treffen am 8. Februar 2020 eine Rolle gespielt habe bei den Ermittlungen. Se. antwortet, dass das seit seiner telefonischen Zusage in einem Telefonat mit Thomas N. der Fall gewesen sei. W. habe ausgesagt, so die Zeugin, von kurz vor 12:00 Uhr bis etwa 15:30 Uhr am Mindener Treffen teilgenommen zu haben, aber von einem Mittelalter-Treffen ausgegangen zu sein. Er habe nur Thomas N. und dessen Frau [die nicht am Treffen teilnahm] gekannt. Etwa zwölf Personen hätten teilgenommen. Man habe zuerst gegessen und über Allgemeines gesprochen, anschließend hätten sich alle vorgestellt. Es habe heftige Aussagen gegeben, sodass er beschlossen habe, schon früh wieder zu gehen, was er dann auch getan habe. Es sei über Waffen gesprochen worden. Zwei Personen mit bayerischem Akzent hätten viel gesprochen. W. habe laut seiner Aussage angegeben, bei seiner Vorstellung betont zu haben, dass er im öffentlichen Dienst tätig sei, und wenn wer ein Problem damit habe, möge das gesagt werden, er würde dann verschwinden. Drei bis vier Leute hätten ein Problem damit gehabt, das Thema sei dann aber im Sande verlaufen, es sei dann wieder über Allgemeines gesprochen worden, und W. sei geblieben. Es habe zudem eine Diskussion oder Abfrage gegeben, wer aktiv werden wolle. W. habe angegeben, so Se., sich auf dem Treffen sehr unwohl gefühlt zu haben („Scheiße, wo bist du hier gelandet?“), und dass die anderen, die einander seiner nach Meinung nach gekannt haben müssen, Codewörter benutzt hätten, deren Bedeutung er nicht gekannt habe. Am Tag darauf habe er Thomas N. eine Nachricht geschickt, dass ihm das zu heftig beziehungsweise zu extrem sei und er da raus sei. Was konkret „zu extrem“ gewesen sei, dazu habe sich W. in der Vernehmung nicht konkret geäußert, er habe sich da „gewunden“.
In der Vernehmung habe sich W. zu den Funden bei der Hausdurchsuchung geäußert, so die Zeugin. Die Bücher seien laut W. Fachliteratur zu Militärgeschichte und die NS-Devotionalien Erbstücke von seinem Onkel und Großvater. Zweck des Treffens sei laut W. der Zusammenschluss zu einer größeren Gruppierung gewesen, um aktiver werden zu können.
Widersprüchliche Angaben zu Waffen
Die Zeugin betont, dass W. widersprüchliche Angaben gemacht habe. Mal habe er angegeben, dass insbesondere die beiden aus Bayern (einer mit graumeliertem Vollbart und Wollmütze, der andere mit längeren Haaren) über Waffen gesprochen hätten (sie habe dabei am Werner S. und Frank H. gedacht), mal habe er von Gesprächen über Waffen nichts mitbekommen, weil nach seinen Angaben hierüber möglicherweise in seiner Abwesenheit während der Raucherpausen gesprochen worden sei. Auch bezüglich der Abfrage, wer aktiv werden wolle, habe sich W. gewunden. Zu den Plänen der Anwesenden habe er gesagt, er wisse von nichts, habe dann aber auf Nachfrage eingestanden, dass es darum gegangen sei, gegen Moscheen vorgehen, was aber nicht konkretisiert worden sei. Es sei unkonkret die Rede davon gewesen, dass gehandelt werden und man aktiv werden müsse.
Der VR hält aus der Vernehmung von W. vor: Rechts neben ihm habe ein 60-Jähriger gesessen, links von ihm Thomas [N.], neben diesem einer mit Ziegenbart und roten Haaren und einer, der schon am Vorabend angereist sei. Er möchte von der Zeugin wissen, wer gemeint sein könnte. Diese antwortet, sie habe an Wolfgang W., Marcel W. und Paul-Ludwig U. gedacht. Thomas N. habe laut W. die meiste Zeit schweigend dabeigesessen. Auf Fragen des VR gibt die Zeugin an, es sei unklar geblieben, wieso W. nicht bereits früher das Treffen verlassen hätte, obwohl er dazu die Möglichkeit gehabt und sich angeblich unwohl gefühlt habe und von einigen Anwesenden offenbar als unerwünscht angesehen worden sei. Er sei nicht wirklich aufgefordert worden zu gehen. Ebenso gebe es keine schlüssige Erklärung dafür, warum W. von sich aus Wert auf den Hinweis gelegt habe, dass er im öffentlichen Dienst arbeiten würde.
„Fix“, aber mit technischen Problemen
Der VR spricht anschließend an, dass es bei der Vernehmung offenbar ein technisches Problem gab, das dazu führte, dass etwa eine Seite des Protokolls nicht gespeichert werden konnte. Die Zeugin bestätigt dies, der Bildschirm sei eingefroren, es sei auch kein Screenshot möglich gewesen. Man habe den Rechner neu starten müssen, und sie habe es danach verabsäumt, einen Erinnerungsvermerk zu schreiben. Sie habe die Fragen erneut gestellt, aber die Antworten seien nicht die gleichen gewesen. Es sei nicht rekonstruierbar, was ursprünglich gesagt worden sei. Bei der Frage, ob beim Treffen über Finanzen gesprochen worden sei, habe W. zuerst gesagt, dass Geldspenden (1.000 bis 2.000 Euro) gesammelt worden seien und er etwas habe dazugeben wollen, beim zweiten Anlauf habe er etwas anderes gesagt. Ein Missverständnis sei aber hier nicht auszuschließen. Zuerst habe W. auch gesagt, dass von dem Geld Waffen gekauft werden sollten. Später habe er dann gesagt, das sei nur eine Vermutung gewesen. Die Mehrheit der Leute hätte ohnehin keine finanziellen Mittel.
Der VR fragt, ob W. etwas von der Finanzierung eines Vereinsheims gesagt habe. Die Zeugin verneint das, kann sich aber erinnern, dass W. irgendetwas von einem „Unterschlupf“ erzählt habe. Laut W. habe „der mit dem Vollbart“ das Thema Geld angesprochen. Von einer Abfrage, wer welche Waffe haben möchte, habe W. angeblich nichts mitbekommen. Thorsten W. habe darauf bestanden, dass er diese Leute nicht habe unterstützen wollen, auch nicht finanziell. Es sei nur locker in die Runde gefragt worden, und er habe nichts zugesagt. W. habe auch auf seine Telegram-Kommunikation mit Thomas N. am Folgetag verwiesen und diese auf seinem Handy präsentiert: „Ich bin erst mal raus, weil mir das zu heftig ist.“ N. habe Verständnis gezeigt („Okay, du hast ja mit offenen Karten gespielt“) und gleichzeitig darum gebeten, dass W. in der „Gruppe“ bleibt, man brauche jeden.
Vernehmung unter Zeitdruck
Die Zeugin betont, dass die Vernehmung dann ein Ende habe finden müssen und keine Zeit mehr für Nachfragen gewesen sei, da die Anweisung gekommen sei, dass W. am Flughafen Porta Westfalica an ein SEK zu übergeben sei, um zur Vorführung nach Karlsruhe geflogen zu werden.
Auf Fragen des VR gibt Frau Se. an,
- sie habe W. nicht vorgegaukelt, er könne nach der Vernehmung nach Hause gehen,
- dass N. laut W. mit „Gruppe“ die Telegram-Chatgruppe „Heimat“ gemeint habe, in der W. als „Thor Tjark“ unterwegs gewesen sei. W. habe angegeben, dort aber nicht mitgeredet zu haben, sondern zumeist nur „Moin“ reingeschrieben zu haben. Er habe auch mit Ausnahme von Thomas N. nicht gewusst, wer da noch unterwegs sei, da er die Leute nicht gekannt habe. Er habe nach der Kommunikation mit N. noch ein paar Tage warten und dann auch die Chatgruppe verlassen wollen,
- dass W. die Aufforderung von Thomas N., dass er das Besprochene für sich behalten möge, nicht als bedrohlich empfunden habe, aber bei der Frage nach einer Bedrohung durch die anderen in Minden anwesenden Personen ausgewichen sei,
- dass W. ausgesagt habe, dass ein gewalttätiges Vorgehen nicht seinem Selbstverständnis entspreche, und dass er sich von der Gruppe [„Gruppe S“] distanziere,
- dass die Vernehmung um 16:48 Uhr beendet worden sei,
- dass das Protokoll danach ausgedruckt worden und W. ohne Zeitdruck zum Lesen und Unterschreiben jeder Seite gegeben worden sei, was dieser auch ohne Änderungswünsche getan habe,
- dass sie von den Dortmunder Kolleg*innen Unterlagen zum Anstellungsverhältnis von W. beim PP Hamm erhalten habe,
- dass sie W. über den weiteren Ablauf (Flug nach Karlsruhe etc.) informiert habe,
- dass man W. dann zum Flughafen gefahren und ihn dort an SEK-Kräfte übergeben habe,
- dass sie und ihre Kolleg*innen dann im Auto zur Übernachtung nach Bielefeld gefahren seien und
- dass sie am Folgetag mit einem Kollegen nach Karlsruhe gefahren sei.
Weitere Fragen des Senats und der Anklage
Richterin Bourgun möchte von der Zeugin wissen, ob W. etwas über Demos und Plakataktionen als Themen des Treffens berichtet habe. Und ob er erwähnt habe, dass er überlegt habe, sich an die Polizei zu wenden. Die Zeugin verneint beide Fragen.
Richter Kemmner hakt nach, wer in Minden über Waffen gesprochen habe und ob das die Person rechts von W. gewesen sei. Se. wiederholt, dass laut W. rechts neben ihm der etwa 60-Jährige gesessen habe, der sei es aber laut W. eher nicht gewesen.
Oberstaatsanwältin Dr. Maslow möchte wissen, ob sich W. darüber beschwert habe, dass schlecht protokolliert worden sei und ihm Aussagen in den Mund gelegt worden seien. Die Zeugin verneint beides, ebenso wie die Frage, ob W. einen Drogenkonsum auf dem Treffen erwähnt habe. [Thorsten W. hatte während des laufenden Prozesses ausgesagt, Paul-Ludwig U. habe in Minden während der Pausen Drogen konsumiert.] Zudem möchte Frau Maslow wissen, wer laut W. das Thema Moscheen aufgebracht habe. Frau Se. sagt aus, dass das laut W. jemand rechts von ihm gewesen sei. Maslow weist darauf hin, dass Paul-Ludwig U., der bereits am Vortag angereist war, links von W. gesessen habe. [Sie möchte also festgestellt wissen, dass es nicht U. war, der das Thema aufbrachte.] Zudem fragt sie, ob das Thema Waffen in bilateralen Gesprächen oder in der großen Runde besprochen worden sei. Die Zeugin antwortet, dass sich das für sie eher nach großer Runde angehört hätte.
„Besser mal häufiger zuhören, als die ganze Zeit zu blubbern“
Auf Fragen aus den Reihen der Verteidiger*innen gibt die Zeugin unter anderem an, dass
- W. keine Fotos der anderen Beschuldigten vorgelegt worden seien, hierfür sei keine Zeit gewesen, und sie hätte auch keine Bilder zur Hand gehabt,
- dass ihre Fragen an W. unter anderem auf Paul-Ludwig U.s Aussagen beim LKA basiert hätten (Planung von Anschlägen auf Moscheen etc.), dessen Aussagen ihr „plausibel“ erschienen seien. Es hätten zudem Informationen aus Observationen und der TKÜ vorgelegen,
- und dass die Angabe, dass in Minden über Waffenkäufe gesprochen worden sei, allein von U. gekommen sei.
Nach der Entlassung der Zeugin stellt RA Kist in Frage, dass sich die Zeugin eineinhalb Jahre nach der Vernehmung erinnern könne, was sein Mandant Thorsten W. in der Lücke im Protokoll angeblich gestanden habe. Wahrscheinlicher sei, dass W. gesagt habe, er habe kein Geld, um irgendwas für was auch immer geben zu können. Die Zeugin sei zudem „voreingenommen“ in die Vernehmung gegangen und habe nicht glauben wollen, dass W. tatsächlich nicht klar gewesen sei, worum es bei dem Mindener Treffen gegangen sei.
Auch andere RA kritisieren eine angeblich „unfaire Vernehmung“, es ist sogar von einer „bewussten oder unbewussten Täuschung“ die Rede. RA Picker will bemerkt haben, dass die Vernehmung sehr oberflächlich und von „einer Art Hektik“ geprägt gewesen sei: „Da, wo Nachfragen nötig gewesen wären, wurde nicht nachgefragt.“
RA Becker stellt einen Beweisantrag: Roland H., Fachbereichsleiter „Betreutes Wohnen“ sei als Zeuge zu laden, um Auskunft über U.s Wohnverhältnisse zu geben. U. habe eine Wohnung bewohnt, die er nicht allein von Hartz IV habe bezahlen können. [Er deutet damit offenbar an, dass U. vom LKA Geld erhalten habe.]
Oberstaatsanwältin Massow stellt daraufhin mit leicht spöttischem Unterton fest, dass H. ohnehin für den 28. Oktober 2021 geladen sei. Zuvor hatte bereits der VR aufgrund sich häufender Fragen von Verteidiger*innen, die schon beantwortet worden waren, eine recht deutliche Ansage gemacht: „Besser mal häufiger zuhören, als die ganze Zeit zu blubbern.“