Prozesstag 27: Thomas N. und Paul-Ludwig U. machten sich unbeliebt

Am 27. Prozesstag gegen die „Gruppe S“, dem 9. September 2021, ging es in den abgespielten TKÜ-Aufnahmen (TKÜ = Telekommunikationsüberwachung) vor allem um die Planung des Treffens am 7. und 8. Februar 2020 in Minden. Werner S. und Tony E. übernahmen hierbei die Federführung. Eine wichtige Rolle spielte in der Planung die Frage, ob Ralf N. von der „Bruderschaft Deutschland“ daran teilnimmt, und welche Rolle er dabei spielen könnte. Während Tony E. zwischen Unterwürfigkeit und Überheblichkeit gegenüber Ralf N. schwankte, zeigte sich Werner S. zunehmend genervt von N.s Passivität. Tony E. forderte dagegen, Paul-Ludwig U. zurechtzustutzen; dieser habe keine herausragende Rolle in der Gruppe. Unterdessen wurden in anderen Telefonaten die „Reichsbürger“-Ideologie und die Gewaltbereitschaft von Thomas N. deutlich greifbar. Seinem Bruder erzählte er am Telefon, dass es am 8. Februar 2020 in Minden ein Treffen von Leuten geben werde, die losziehen und nicht wiederkommen würden. Im Mitangeklagten Markus K. fand er einen desillusionierten Zuhörer, der seine „Reichsbürger“-Gesinnung teilt.

Rechtsanwalt (RA) Becker, Verteidiger von Tony E., stellt gleich zu Beginn des Verhandlungstages einen Beweisermittlungsantrag. Er beantragt, Timo P. aus Hagen zu vernehmen, der ein Freund des Angeklagten Paul-Ludwig U. sei. [Am 25. Prozesstag war ein Telefonat zwischen den beiden vom 13. Dezember 2019 abgespielt worden.] RA Becker erhofft sich von Timo P. Auskünfte über den Suchtmittelkonsum von U. und über vorherige Gespräche, die U. mit P. über seine Aktivitäten in rechten Gruppen geführt haben könnte. Oberstaatsanwältin (OStAin) Bellay erklärt, kein Problem mit dem Antrag zu haben. Die meisten RA*innen schließen sich dem Antrag an, bis auf RA Siebers, der den Antrag erst gründlich lesen möchte, bevor er über einen Anschluss entscheidet.

Im Anschluss lässt der Vorsitzende Richter (VR) ein Schreiben des Landesinnenministeriums Baden-Württemberg vom 6. September 2021 verteilen. Darin wird eine Aussagegenehmigung für verdeckte Ermittler*innen erteilt. Der Senat plant jedoch vorläufig keine Vernehmung. Den Verfahrensbeteiligten stehe es frei, deren Vernehmung zu beantragen.

Standbein Reichsideologie

In der ersten präsentierten TKÜ-Aufnahme vom 11. Januar 2020 um 15.29 Uhr sprechen die Angeklagten Thomas N. und Markus K. miteinander. Zu Beginn unterhalten sie sich über die Verpflegung beim anstehenden Treffen. Im Raum stehen Kartoffelsalat, Kaffee, Kuchen uvm. Thomas N. lenkt das Gespräch sodann auf eine angebliche Militäroperation der Vereinigten Staaten mit 6.000 Mann. Hintergrund sei, dass [nach Vorstellungen von Reichsbürger*innen] der Versailler Vertrag ausgelaufen sei und nun die Regierung verhindern wolle, dass das Deutsche Kaiserreich weiter bzw. wieder bestehen könne. Die USA ziehe Truppen zusammen, um den Seeweg nach Dänemark zu blockieren. Markus K. und Thomas N. überlegen, wie sie dagegen vorgehen könnten. Thomas N. schlägt unter anderem vor, dass man sich mit anderen verbünden müsse, um sich den Seeweg freischießen zu können. Markus K. zweifelt an dem Vorschlag, da man nur 48 Stunden Vorsprung habe.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs unterhalten sich die beiden über einen möglichen Kandidaten für die Gruppe. Markus K. zeigt sich genervt von dem Hin und Her beim Gruppenaufbau. Die Zeit dränge. Thomas N. verweist auf das geplante Treffen mit der Gruppe [„Gruppe S“], bei dem alle Beteiligten anwesend sein müssten. Er vertraue Werner S. Wenn S. rufe, stehe er an dessen Seite. Markus K. mahnt mehrmals im Gespräch, dass man nicht alles am Telefon besprechen solle. Thomas N. meint, es könne ja genauso gut um Mettbrötchen gehen.

Thomas N. erzählt am Telefon, dass er jede freie Minute mit seinen Leuten verbringe. Er sieht seine Rolle unter anderem darin, die Leute von seiner Reichsideologie zu überzeugen. Sein Fleisch und Blut „hängen in Preußen drin“. Er spornt Markus K. an, immer weiter zu machen, immer weiter zu kämpfen, die Leute solange zu überreden, bis die „Idioten“ es kapieren. Dabei verweist er auf den Messengerdienst Telegram als Medium seiner Agitation. Man müsse die Aktion durchziehen, so N. Seiner Auffassung nach würden immer mehr Leute verstehen, worum es geht. Markus K. zeigt sich an dieser Stelle weniger optimistisch.

Thomas N. sieht Werner S. als Führungsfigur

Thomas N. berichtet, dass sich seine Lebensgefährtin darüber beklagt habe, dass er nur noch „Reichsbürger“-Themen im Kopf habe. Er beschwert sich, dass sie den Ernst der Lage nicht verstanden habe. Die Rolle von Werner S., Spitzname Giovanni, ist ebenfalls Thema im Telefonat. „Giovanni ist mein Bruder“, schwärmt N. Werner S. habe er bei einem [„Freikorps Heimatschutz-“]Treffen 2019 in Thüringen kennengelernt. Er erkenne Werner S. als Führungskraft an. S. habe die Taktik entwickelt. Markus K. fordert, dass Werner S. dann auch Vorreiter sein müsse. Auch später im Telefonat wiederholt er, dass Werner S. der Erste sein müsse, der loslegt. Auf Thomas N.s überzeugter Einschätzung hin, dass Werner S. das auch machen werde, entgegnet Markus K.: „Schaun mer mal“. In Markus K. sieht Thomas N. Offenbar einen Kampfgefährten, dem er sich verbunden zu fühlen scheint.

Thomas N. umgarnt Markus K.

Im Folgenden führt Markus K. aus, dass er auf das Aggressionspotenzial keine Lust mehr habe. Er könne verstehen, dass man auch mal zuschlagen müsse, wenn im privaten Umfeld, etwa bei Familie oder guten Freunden, etwas vorfalle und man sie verteidigen müsse. Aber sonst nicht. Thomas N. beschwichtigt, er habe auch keine Lust auf Aggression. Für ihn sei Markus K. ein prima Mensch, ein Kämpfer, den er niemals fallen lassen würde. Wenn Markus K. Schwierigkeiten habe, werde er sofort da sein, auch unter Einsatz seines Lebens. Markus K. wiegelt ab. Thomas N. müsse nicht für ihn sterben. K. beklagt außerdem, dass man sich bei den „Freien Kameradschaften“ [aus diesen Neonazi-Spektrum kommt er] nicht auf die Leute habe verlassen können.

Skeptisch zeigt sich K. gegenüber dem Engagement von Ulf R. [ebenfalls ein Beschuldigter der Ermittlungen gegen die „Gruppe S“, der sich in der Untersuchungshaft das Leben nahm]. R. lasse sich „von seiner Frau unterbuttern“.

Markus K.: Wenn das „Konstrukt BRD“ weg ist, wird das Leben einfacher

Gegen Ende des rund 40-minütigen Gesprächs erklärt Thomas N., dass er Markus K. in die Telegram-Gruppe „Heimat“ einladen wolle. Dort habe er auch ein Video mit dem Titel „Sklaven ohne Ketten“ gepostet, in dem alles [gemäß seiner verschwörungsideologischen „Reichsbürger“-Sicht] gut zusammengefasst sei. Die Schlüsselfiguren wie beispielsweise der ehemalige US-Präsident Barack Obama kämen darin vor. N. beklagt jedoch, dass es für viele schon zu viel sei, ein solches Video anzuschauen. Er sei gespannt, wie viele sich das ansehen würden. Markus K. meint, das hätten noch nicht viele getan. Resigniert stellt er fest, dass die meisten Bürger nur an ihrem Handy oder Fernseher interessiert seien und Freiheit für sie Konsum bedeute. Seiner Meinung nach müssten die Menschen begreifen, dass alles einfacher und besser werde, wenn „dieses Konstrukt BRD“ weg wäre. Dann werde alles billiger und man könne sich einen 5er-BMW oder Porsche leisten. Auch bei den Plänen der Gruppe zeigt er sich wenig zuversichtlich. Bei den Treffen gebe es wahrscheinlich viel „Blablabla“, und am Montag gingen alle wieder arbeiten. Thomas N. hingegen glaubt, die Mitglieder mit seinen Telegram-Nachrichten von der Notwendigkeit des Handelns überzeugen zu können. Und dann gehe es los.

In den auf die Präsentation des Telefonats folgenden Erklärungen der Anwält*innen interpretiert Thomas N.s Verteidiger RA Stehr die hier angesprochenen Themen „Versailler Vertrag“ und „Entnazifizierung“ als eigentlichen Gegenstand des Treffens in Minden. Markus K.s Verteidigerin RAin Schwaben bemängelt die Qualität der Verschriftung des Telefonats. Vieles werde als unverständlich angegeben, sei jedoch gut zu hören gewesen. Andere Stellen seien sinnentstellend niedergeschrieben. Ihr Mandant würde damit in ein schlechteres Licht gerückt. Dabei sei es ihm vor allem um die „Entnazifizierung“ gegangen. Sie müsste das Telefonat nochmal in Gänze hören und fragt, ob die TKÜs auf dem USB-Stick [den die Verteidiger*innen dem Senat gegeben haben, um die Mitschnitte in Audioform zu bekommen] mitgeliefert würden. Der VR bestätigt dies.

Terminplanung zwischen Werner S. und Tony E.

Es folgt eine weitere TKÜ-Aufnahme: ein Gespräch zwischen Werner S. und Tony E. vom 11. Januar 2020 um 23.05 Uhr. Tony E. möchte wissen, wann Werner S. umzieht. In der Gruppe gebe es den Wunsch, den 7. und 8. Februar 2020 für das Treffen festzulegen. Das Datum habe er auch zugesagt. Er selbst sei konsterniert gewesen, weil man sich am Vorabend auf den 26. Januar verständigt hatte. Er könne aber auch am 7. und 8. Februar dabei sei. Er bittet Werner S. jedoch darum, den Termin gegenüber Thorsten K. zu kommunizieren, denn E. möchte vermeiden, K. erneut selbst vergeblich anzufragen. Außerdem habe Thomas N. bei ihm angerufen wegen des Termins in Minden am darauffolgenden Wochenende [18./19. Januar]. Tony E. werde dort hinfahren und bittet bis dahin um die Bestätigung des Termins durch Werner S. Außerdem habe ihn Steffen B. angeschrieben, dass er noch eine vertrauenswürdige Person mitbringen wolle.

Werner S.‘ neues Haus in Italien

Werner S. hat in Italien ein kleines Haus gekauft. Seinen Einzug hatte er bereits im Oktober gegenüber Tony E. angekündigt. E. fragt, wann der Umzug stattfinde, bei dem er ihm gerne helfen wolle. S. habe ihm schließlich das Haus für den Sommerurlaub zur Verfügung gestellt, daher wolle er seinen „Bruder“ S. unterstützen. S. erzählt, dass er zunächst am 17. Januar 2020 einen Notartermin habe und dass der Fliesenleger Thomas N. ebenso seine Hilfe zugesagt habe. E. insistiert: „Ich wäre zutiefst beleidigt, wenn du mich nicht fragst.“ Werner S. erwidert, dass es mit der Unterbringung im Apennin nicht so einfach sei und er eine solche Hilfe von seinen Kameraden nicht erwarte. Letztlich willigt er doch in E.s Hilfsangebot ein. Auf dem Weg dorthin könne Tony E. bei ihm einen Zwischenstopp einlegen. Allerdings nicht bei ihm auf dem Hof, weil seine beiden Mitbewohner*innen seine politische Gesinnung nicht teilen würden.

In der Planung für das Treffen Anfang Februar überlegen die beiden, Marcel W. alias „Matze Wodan“ ebenfalls einzuladen. Tony E. hält viel von ihm. Für die Arbeitsteilung schlägt er vor, dass Werner S. sich um den Termin und insbesondere um die Kommunikation mit Thorsten K. kümmern könnte. Beide deuten jedoch an, dass es in der Gruppe noch etwas zu klären gebe. E. selbst will die Lokalität und auch Schlafplätze organisieren. Er schlägt das Hotelrestaurant seines Trauzeugen und Patenonkels einer seiner Söhne in Minden vor. Dort sei am Wochenende wenig los, und er könne dort kostenfrei übernachten. Tony E. schlägt vor, dass er sich zusammen mit Werner S. ein Zimmer teilen könne. Werner S. rechnet außerdem mit Frank H., Ralf N. und Kai K. [die beiden letztgenannten sind Führungspersonen der „Bruderschaft Deutschland“ aus Düsseldorf] als mögliche Teilnehmer. Für die Übernachtung könne man auch etwas zahlen. Er möchte sich außerdem mit Thomas N. für die weitere Planung besprechen. Zu diesem Zweck richtet Tony E. eine Dreiergruppe auf Telegram ein.

Vertrauen in Steffen B.

Während des Telefonats klingt das rassistische Weltbild der beiden an. So bietet Tony E. Werner S. an, für die Umbauarbeiten in Italien seine Beziehungen zum Fensterhandel oder zum Großhandel für Farben spielen zu lassen. So könne er beim Händler Mega-Farben besorgen. Werner S. lacht. Er habe N**** verstanden. Für Lachen sorgt auch der Umstand, dass eine schwarze Seife die Bezeichnung Hammam [= Bezeichnung für eine öffentliche Badeanstalt in der arabischen Welt] trägt. „Sollte keine Provokation sein“, versichert Werner S. Solange da nicht „halal“ [Wort für Dinge, die nach islamischen Recht erlaubt sind] stehe, sei das in Ordnung, antwortet Tony E.

Im weiteren Verlauf sprechen beide über das Potenzial, welches Steffen B. in die Gruppe einbringen könnte. Tony E. merkt an, er habe kurz vor dem Telefonat noch mit ihm geschrieben. B. bevorzuge den Termin im Februar, da er dann noch jemanden mitbringen könne. Tony E. geht davon aus, dass Steffen B. einen Per [Per M. aus Sachsen-Anhalt] mitbringe, der „Stabilere“, der bereits in Berlin dabei gewesen sei und auch schon in Haft gesessen habe. „Das ist dein Buddy, du vertraust ihm, bring ihn mit!“ will E. zu B. gesagt habe. Er vertraue Steffen B. Auch bei Werner S. genießt Steffen B. als Anführer der „Viking Security Germania“ in Sachsen-Anhalt hohes Ansehen. S. erhofft sich einen Zuwachs bei seiner eigenen Gruppe und gibt an, dass er noch weitere Infos habe, die er aber nicht am Telefon besprechen wolle. Tony E. regt an, dass S. Prepaidkarten aus Italien mitbringen möge, damit man außer der Reihe miteinander kommunizieren könne.

Werner S. beschäftigt die Frage der sicheren Kommunikation weiter. Er habe über Ralf N. nachgedacht. N. behaupte, dass die Sicherheitsbehörden alle Kommunikationsmittel auf dem Schirm hätten, nur nicht WhatsApp. Werner S. hingegen misstraut WhatsApp wegen seines Zusammenhangs mit Facebook. Er habe das „Korps“ [„Freikorps Heimatschutz – Division 2016“] verlassen, weil man dort WhatsApp genutzt habe. Tony E. will sich der Sache annehmen und mit Ralf N. darüber sprechen, dass eine Kommunikation via WhatsApp nicht laufe.

S. fragt, ob Marion G. Mitglied im „Korps“ sei. Er beschwert sich, dass wieder eine Frau in der Gruppe sei. Tony E. wendet ein, dass er sich gegen ihre Aufnahme ausgesprochen habe. Er wolle mit Sören B. Tacheles reden und das „Korps“ auf Linie bringen.

Nun kommt Werner S., der während des Telefonats mit seinen Hunden Gassi war, zuhause an und sagt, er müsse das Gespräch beenden, weil seine beiden Mitbewohner*innen in der Küche säßen und er nicht frei reden könne. Er nähme aus dem Gespräch mit, dass für Steffen B. der Termin im Februar besser sei. Außerdem erwähnt er, dass Paul-Ludwig U. sich ihm gegenüber beklagt habe, dass er für eine Fahrkarte 17,95 Euro ausgegeben habe und knapp sei. Ausnahmsweise könne man den Preis übernehmen, sagt S. Tony E. kündigt an, am Folgetag mit Thorsten K. zu telefonieren und eine neue Gruppe aufzumachen, in der man miteinander sprechen könne. Danach verabschieden sich beide.

Auswahl präsentierter Telefongespräche „nicht per Zufallsgenerator ausgewählt“

Die RA*innen sehen in diesem Telefonat keine Punkte, die die Anklage stützen würden. Ihrer Meinung nach handelt es sich um ein Gespräch über Alltägliches ohne großen Verfahrensbezug. Aus Sicht von RA Hofstätter, Verteidiger von Tony E., würden zwei Rädelsführer, die Anschläge auf die Bundesrepublik planen, ein solches Telefonat nicht führen. Dem schließt sich Michael B.s Verteidiger RA Berthold an. Hier sprächen zwei führende Köpfe über Alltäglichkeiten. Allein die Geschichte mit den Prepaid-Karten könnte einen Verdacht erwecken. Insgesamt stellt er sich ein Telefonat zweier Terroristen anders vor. RA Picker und RA Miksch gehen auf die Erwähnung von „Matze Wodan“, also ihres Mandant Marcel W. ein. Nach Auffassung von RA Picker war Marcel W., wenn es wirklich um W. gegangen sei, nicht in die Planung eingeweiht. Er sei nur zum Treffen eingeladen worden. RA Abouzeid betont, dass es Steffen B. und nicht sein Mandant Stefan K. sei, der in mehreren Gesprächen erwähnt wird.

Der VR macht nach den Erklärungen der Prozessbeteiligten darauf aufmerksam, dass die TKÜs nicht per Zufallsgenerator ausgewählt werden, sondern weil der Senat die Aufnahmen für relevant halten würde.

Nach der darauffolgenden Pause erhalten die Verteidiger*innen und die GBA USB-Sticks, die das Fraunhofer-Institut vorbereitet hat. Darauf sind Aufnahmen aus der TKÜ gespeichert. Die Sticks sind passwortgeschützt und mit Wasserzeichen versehen personalisiert ausgegeben. Auf die Frage von Stefan K.s Verteidiger RA Just, ob auf den Sticks auch G10-Maßnahmen [des Verfassungsschutzes bei der Überwachung, die das Post- und Briefgeheimnis betreffen] zu finden seien, verweist der VR auf die Akten. Dort stehe nichts von G10-Inhalten. Michael B.s Verteidiger RA Mandic fragt ab, ob sein Mandant Michael B. einen Leselaptop gestellt bekommen könne, da der Laptop seines Mandanten beschlagnahmt worden sei. Der VR weist darauf hin, dass er in diesem Zusammenhang nichts machen könne

WhatsApp oder Telegram?

Drei Tage nach dem Telefonat zwischen Werner S. und Tony E. telefoniert E. mit Ralf N. Die beiden diskutieren über den sichersten Weg der Kommunikation. Während sich Tony E. für Telegram als Medium ausspricht und Ralf N. auf den aktuellen Stand bezüglich sicherer Kommunikation bringen möchte, erwidert N., dass es nichts Sichereres gebe als Sprachnachrichten über WhatsApp. Telegram nutze er nicht.

Tony E. informiert Ralf N., dass der Termin für das Treffen auf Anfang Februar gelegt worden sei. N. antwortet, dass sie [die „Bruderschaft Deutschland“] mit vier Mann hätten zum letzten Termin kommen wollen, aber der Schnee [Werner S. steckte auf der Autobahn fest] das beim letzten Treffen ja verhindert habe. Außerdem erwähnt er, dass Paul-Ludwig U. Unterstützung für ein Ticket in Höhe von 17,95 Euro angefragt habe. Was das Treffen Anfang Februar beträfe, müsse er passen. Ab dem 1. Februar habe er eine neue Wohnung und wolle umziehen. Für Tony E. steht fest, dass in diesem Fall das Treffen ohne Ralf N. stattfinden müsse, weil „Teutonico“ [Spitzname von Werner S.] wichtige Neuigkeiten habe. E. würde aber mal zu Ralf N. nach Düsseldorf fahren, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Das Treffen im Februar sei jedoch unabdingbar.

Tony E.: Paul-Ludwig sei eine unwichtige Nummer

Nach der Mittagspause wird im Gerichtssaal die nächste Aufnahme aus der TKÜ abgespielt. Es handelt sich um ein Gespräch zwischen Tony E. und Werner S. vom Samstag, 18. Januar 2020 um 00.17 Uhr, das ungefähr eine Stunde lang dauert. Tony E. hält sich gerade in Minden in der Unterkunft seines Trauzeugen auf.

Werner S. lobt Tony E. als einen der wenigen, auf die man sich verlassen könne. Anschließend schwenkt er über zu einem Gespräch mit Ralf N., der Tony E. zu erreichen versucht habe. E. gibt an, dass er wegen seiner Arbeit nicht erreichbar gewesen sei. Er berichtet, dass N. weiterhin von WhatsApp überzeugt sei. Werner S. hat hierfür kein Verständnis. Er beschwert sich auch, dass N. nicht genug Engagement in der Gruppe gezeigt habe. N. sei in den Chat „Besprechungszimmer“ eingeladen worden, habe sich dort aber nicht blicken lassen. „Null Aktivität“ habe er gezeigt.

Werner S. berichtet gegenüber E., dass N. sauer und enttäuscht gewesen sei. Den Grund nennt S. nicht. Tony E. verweist auf sein Telefonat mit N. am vorangegangenen Dienstag und dass er Werner S. darum bittet, Paul-Ludwig U. ein paar „Schellen“ zu geben. Paul-Ludwig U. sei eigentlich unwichtig und müsste bei den Treffen eh nicht dabei sein. Er gehöre nicht zur Obrigkeit der „Bruderschaft“ und sei nur ein Handlanger. [Im Telefonat ist zu merken, dass Tony E. sehr wütend auf U. ist.] Ralf N. habe sich bei ihm über U. im Telefonat am Dienstag so richtig ausgekotzt, weil U. Kosten für das Ticket hätte erstattet haben wollen. Deshalb wollte er eigentlich U. anrufen, um ihn „so richtig auf den Pott [zu] setzen“ [zurechtweisen]. Er habe dies aber sein lassen, um sich nicht das Wochenende in Minden zu versauen. Werner S. wirkt irritiert. Er habe zwar von Paul-Ludwig U. einen Brief erhalten, dass dieser kein Geld für Essen und Trinken habe, hätte aber nicht gedacht, dass dieses Anliegen so breite Kreise ziehe.

Tony E. steigert sich in Beschwerde über Paul-Ludwig U. hinein

Im Folgenden wiederholt Tony E. mehrmals, wie unbedeutend Paul-Ludwig U. in der „Bruderschaft“ sei, dass dieser bei den Treffen nicht anwesend sein müsse und dass er bei einer Teilnahme die Kosten selbst tragen solle. Paul-Ludwig U. habe weder einen finanziellen noch einen zeitlichen Background. Womit er aufwarten könne, sei seine Motivation und sein „emotionaler Background“, also dass er schon mehrere Jahre im Gefängnis gesessen habe. U. könne sich nicht anmaßen, gegenüber Ralf N. Forderungen aufzustellen. Nun müsse er [E.] zu Ralf N. fahren, um die Sache gerade zu rücken. Er fordert von Werner S., dass er U. „auf den Pott setzen“ möge.

Werner S. beschwichtigt. Er wolle U. zwar nicht entschuldigen. Aber das Treffen sei mit U. bereits abgesprochen gewesen, als noch niemand gewusst habe, dass auch Ralf N. und seine Leute teilnehmen wollen würden. Kai K. hätte als Gründer der „Bruderschaft Deutschland“ Paul-Ludwig U. darauf hinweisen können, dass nur wichtige Leute der „Bruderschaft“ am Treffen teilnehmen und U. zuhause bleiben könne. Daraufhin sagt Tony E., dass U. nur dabei sei, weil er U. beim Treffen an der Hummelgautsche kennengelernt habe und ihn für vertrauenswürdig halte. Bei den Treffen müsse U. im Gegensatz zu den Führungskadern der „Bruderschaft“ jedoch nicht dabei sein.

Geld für Gerd

Für das Treffen der Gruppe am 7. und 8. Februar 2020 in Minden braucht es noch einen Treffpunkt. Tony E. hatte bereits früher das Lokal seines Trauzeugen Gerd vorgeschlagen. Es gebe aber ein kleines Problem. Das Restaurant sei seit 2019 samstags immer geschlossen. Wenn aber rund 20 Leute für eine bestimmte Summe, ca. 400 Euro, dort essen würden, dann ließe sich da etwas machen. Man habe dann auch ein Restaurant ohne Bespitzelung ganz für sich. Werner S. fragt, ob denn 20 Personen überhaupt zusammenkämen. Tony E. kann nicht sagen, wie viele Personen teilnehmen. Aber Thomas N. und Thorsten K. seien nicht kleinlich. Eine Summe von 400 Euro könnte zusammenkommen. Zur Not zahle er allein 1.000 Euro. Er habe jedoch nur zwei Zimmer im Haus für die Übernachtung mieten können. Tony E. schlägt Werner S. vor, dass sie sich ein Zimmer teilen. „Dann kriegen die beiden anderen aus München [gemeint sind Frank H. und Marcel W.] das andere Zimmer“, antwortet Werner S. Er berichtet außerdem, dass Thomas N. ihn angerufen habe. N. gehe davon aus, dass das Treffen bei ihm stattfände. Tony E. widerspricht. Bei N. könne man zum Kaffeetrinken einkehren. Er habe das Restaurant bereits reserviert.

„Rein körperlich, physisch, fick ich ihn“

S. greift im Telefonat E.s Ankündigung auf, zu Ralf N. nach Düsseldorf zu fahren. S. teilt mit, dass er in einer Kennenlerngruppe [Chatgruppe] sei. In der Gruppe befänden sich mehrere interessante Männer. Einer davon, ein „Otto“ aus Düsseldorf. Den müsse sich Tony E. unbedingt anschauen, wenn er dorthin fahre. Er werde E. gegenüber „Otto“ als Kontaktperson benennen. Tony E. zeigt sich zunächst enttäuscht, dass er nicht Mitglied der Chatgruppe sei. Werner S. beruhigt ihn. Es sei nicht seine eigene Gruppe, er habe da keinen Einfluss drauf, sondern sei nur Administrator. „Otto“ werde er jedoch nicht zum Treffen nach Minden einladen. Ein Neuer bei den Themen, die sie zu besprechen hätten, sei zu brisant.

Tony E. kommt erneut auf sein Verhältnis zu Ralf N. von der „Bruderschaft Deutschland“ zu sprechen. „Weißt du, wie wir miteinander kommunizieren? Wenn Ralf anruft, dann bin ich sein großer Chef“, ist Tony E. überzeugt. S. und E. ergehen sich sodann in gegenseitigem Lob. S. sei indirekt so etwas wie der Patenonkel seines Sohnes, schwärmt Tony E. Werner S. kündigt an, er werde die Sache mit Ralf N. zurechtrücken. Es gebe keinen Grund, sauer zu sein. Tony E. appelliert erneut, dass man Paul-Ludwig U. dazu drängen müsse, die Klappe zu halten. S. fordert, Tony E. solle baldmöglichst zu Ralf N. fahren. E. wirft ein, dass N. ihm und dem „Freikorps“ noch etwas schuldig sei. Wenn N. sehe, wie er (E.) maloche, dann werde er ihn für einen „Gott“ halten. Auf die Frage von S., wie denn die Kommunikationsstrategie nun aussehe, zögert E. „Mach, wie du denkst, Matze“ antwortet E., um über Ralf N. hinterherzuschieben: „rein körperlich, physisch, fick ich ihn“. Eine Aussage, die er kurz darauf wiederholt: „Das werde ich ihm zeigen, dass ich ihn physisch ficke“. Sein Wort habe Gewicht. Werner S. lacht. Man wolle am 8. Februar zusammensitzen und keine körperliche Auseinandersetzung beginnen. Tony E. scherzt: Er würde N. einfach mal aufs Maul hauen und schauen, was passiert. Das sei seine Devise.

Die „Heimat“ in Personalnot

Werner S. möchte Tony E. am nächsten Morgen in die Gruppe mit „Otto“ aus Düsseldorf aufnehmen. Die habe acht Mitglieder. Otto habe jedoch kein Facebook-Profil. Dann beschwert sich S. über technische Probleme mit Facebook, beispielsweise funktioniere die Suchfunktion nicht mehr richtig. Am nächsten Morgen wolle er sein Facebook-Konto dicht machen. Auch über die Telegram-Gruppe „Heimat“ regt er sich auf. 32 Personen seien da jetzt noch Mitglied. Unter anderem sei Thomas G. raus. „Und der Ralf N.“, ergänzt Tony E. Er habe die Gruppe von sich aus verlassen, weil er glaube, dass nur WhatsApp nicht überwacht werde. Werner S. reagiert gereizt. Zum einen zweifelt er, ob Ralf N. mit dieser Einschätzung richtig liegt. Zum anderen regt ihn auf, dass N. gegangen sei, ohne etwas zu sagen. So langsam gehe ihm N. „auf den Sack“. N. habe nie etwas gesagt. Das seien Charaktersachen. Und wenn N. sensibel sei, dann sei er ohnehin der Falsche.

Tony E. versucht den Fokus erneut auf Paul-Ludwig U. zu lenken, den man ruhiggestellt bekommen müsse. „Der Paul ist für nichts von wichtiger Angelegenheit“, so E. Werner S. wirft ein, dass U. ihm gesagt habe, er werde Ralf [N.] oder Kai [K.] für das Treffen organisieren. Und wenn beide nicht könnten, sei er das Sprachrohr der „Bruderschaft“. Tony E. zweifelt daran und blickt in die Zukunft. Er (E.) und Werner S. würden die beiden Führungspersonen der Organisation sein. „Ohne Zweifel“, stimmt S. zu. Aber er habe da genaue Vorstellungen, auf wen er sich verlassen könne und auf wen nicht.

Werner S. über seine Tochter und deren Mutter

Werner S. kommt auf seine Tochter zu sprechen. Wie alt die Tochter ist, geht nicht aus dem Gespräch hervor. Er sei aber mit 19 Jahren zusammen mit deren Mutter in die USA gegangen, wo jeder versucht habe, sein Leben zu leben. Über Politik habe man nicht gesprochen. Er sei auch froh, keinerlei Ambitionen in Richtung Woodstock gehabt zu haben. Gegenüber seiner nun erwachsenen Tochter habe er zwar eine Vaterrolle, diese werde aber nicht respektiert. Seit zwei Jahren scheint er keinen Kontakt mehr zu haben. Seine Tochter wie auch seine Ex-Partnerin könnten ihn „am Arsch lecken“. Die beiden, die er als „arrogant“ beschreibt, würden sich noch umschauen.

Werner S. zählt anschließend nochmal die Namen auf, die bisher für das Treffen in Minden zugesagt hätten. Tony E. kann dem scheinbar nicht mehr richtig folgen. Sie verabschieden sich kurz darauf.

RA Becker interpretiert Tony E.s Verhalten, insbesondere am Ende des Telefonats, als einen Zustand der Trunkenheit. E. könne nicht mehr richtig wahrnehmen, was Werner S. von sich gebe. Auch Werner S. sei sich nicht mehr sicher, wer an dem Treffen am 7. und 8. Februar teilnehme. RA Picker stellt die Finanzkraft der Gruppe in Frage, wenn man bereits Probleme habe, ausreichend Geld für das Lokal zusammenzubekommen.

Thomas N.: „Dreckstürken totschlagen“

Nach einer kurzen Pause wird die nächste TKÜ-Aufnahme abgespielt. Es handelt sich um ein Telefonat zwischen Thomas N. und seinem Bruder Peter, der in Köln lebt. Das Gespräch wurde am 21. Januar 2020 um 17.31 Uhr geführt. Sie sprechen dabei unter anderem über die Partei „Bündnis90/ Die Grünen“. Peter N. regt sich darüber auf, dass die Grünen den Konsum von Schweinefleisch deutlich reduzieren wollen. Thomas N. steigt darauf ein. Schon der frühere bayrische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß habe gewarnt, dass es mit Deutschland vorbei sei, wenn Rot-Grün an die Macht komme. Die Grünen wollten Deutschland an die Wand fahren. „Deutschland verrecke“, würden sie sagen. Die Antifa sei von den Grünen und würde von Steuermitteln bezahlt. Ebenso die „Propaganda“ von ARD und ZDF, die darauf abziele, das Land kaputtzumachen. „Die Chinesen“ [Proteste in Hongkong] und „die Franzosen“ [Gelbwestenproteste] würden das dagegen richtig machen. Peter N. unterstützt diese Ansicht. Man müsse auf die Barrikaden gehen.

Thomas N. schließt mit dem Verschwörungsmythos der sogenannten Chemtrails an. Angeblich würden Flugzeuge Metalle versprühen, die die Menschen willenlos machen. Außerdem echauffieren sich beide darüber, dass man nicht mehr frei rumlaufen könne, weil ihrer Meinung nach die Straßen durch Migranten unsicher gemacht würden. Und wenn man dann etwas sage, werde man als „Nazi“ beschimpft, so Peter N. Thomas N. äußert, das man aufstehen müsse: „Das geht nur noch mit Gewalt“ und „Im Friedlichen seh ich nix mehr“. Es werde Hochverrat begangen, man brauche einen „Friedensvertrag“. Über die Regierung Merkel sagt er: „das sind Verräter, die hat man zu töten.“

Im weiteren Gesprächsverlauf springen die beiden von Thema zu Thema. Es geht um den Polizeistaat, Bargeldabschaffung, prekäre Arbeitsverhältnisse und Rentner, die in Armut leben. Beide äußern dabei mehrfach rassistische und antisemitische Inhalte. So glaubt Thomas N., „Rothschild leitet die Drecksbude Europa“. Sein Bruder beschwert sich über einen „N****“ in der SPD. Da könne man das Kotzen kriegen, bestätigt N., denn in Deutschland dürften nur Deutsche regieren. Außerdem bedient er antisemitische Verschwörungsideologien und behauptet, Angela Merkel und Adolf Hitler seien jüdischer Abstammung.

Anschließend spricht Thomas N. über die „Dreckstürken“, wie er sie nennt. Man könne eigentlich etwas tun, nämlich sie „totschlagen“ und sich dabei auf den Widerstandsartikel im Grundgesetz berufen [gemeint ist der Art. 20 Abs. 4 GG, der hier völlig falsch interpretiert wird]. Die Jugendlichen in Deutschland würden zu nichts taugen. Diese würden eher einem „saudoofen“ und „kranken“ Mädchen hinterherlaufen [gemeint ist Greta Thunberg]. Thomas N. schließt das Gespräch mit einem Verweis auf das Gespräch am 8. Februar 2020 in Minden ab. Dort werde er sich mit einer Gruppe treffen. Gemeinsam würden sie losziehen und nicht wiederkommen. Widerspruch erfährt er von seinem Gegenüber nicht.

RA Sprafke nach Beendigung der Präsentation des Telefonats die Vermutung an, dass sein Mandant Thomas N. während des Telefonats betrunken gewesen sei.

Frank H. und Marcel W.: „Die Besten aus dem Süden“

Es folgt ein rund 20-minütiges Telefonat zwischen Tony E. und Werner S. vom 22. Januar 2020 um 10.40 Uhr. Werner S. regt sich erneut über Ralf N. von der „Bruderschaft Deutschland“ auf. Bei dem sei noch nicht klar, ob er am 7. bzw. 8. Februar am Treffen in Minden teilnehme. Tony E. verweist darauf, dass Ralf N. an diesem Wochenende umziehe. Werner S. hält mit seiner Enttäuschung über Ralf N. nicht hinterm Berg. „Einer für alle und alle für einen“, das praktiziere Ralf N. nicht. Dass Ralf N. nun umziehe und seine Selbständigkeit plane, passe nicht zu ihren Plänen. E. äußert sich verhalten. N. habe sich etwas aufgebaut und brauche die Öffentlichkeit. Das sei aber nicht das, wonach sie mit ihrer Gruppe suchen würden. Die Sache mit Paul-Ludwig U. habe sich nach einem Gespräch geklärt, verkündet Tony E. Werner S. erzählt, dass U. das Geld für die Fahrkarte bekommen habe, mehr als U. erwartet habe. Dagegen habe ihn Michael B. um Geld „angeschwuchtelt“. Er bleibe draußen. Dagegen würden Frank H. und Marcel W. kommen. Das „sind die Besten aus dem Süden“. Tony E. berichtet, dass sie ihre Pläne für das gemeinsame Essen überarbeiten müssten, weil sein Freund und Trauzeuge Gerd am Samstagmittag kein Essen zubereite. Eventuell könne man ja auch „beim Tom“ [Thomas N.] quatschen. Man werde schon eine Möglichkeit finden, entgegnet Werner S.

Nach weiteren Teilnehmern gefragt, kommt die beiden unter anderem auf einen Italiener zu sprechen. Dieser würde, wenn er käme, mit dem Wohnmobil anreisen und auch trotz Kälte draußen übernachten. Das sei aber noch nicht klar. Außerdem habe Thomas N. versucht, S. anzurufen. Es sei immer dasselbe. N. sei stolz auf seine Reichsgeschichten, habe gute Absichten und sei motiviert. Dennoch, so S., seien die Gespräche „nicht so fundiert, wie man es sich so vorstellt“. Deshalb habe er ihn nicht zurückgerufen. Dieses Verhalten stößt bei E. auf Verständnis. Tony E. erklärt, dass er sich beim „Freikorps“ gerade zurückhalte. Er wolle nun mit denjenigen Leuten etwas unternehmen, mit denen etwas gehe.

Werner S.: „Das ist mein letzter Versuch, mit einem Haufen Leute was zu leisten“

Das Thema „Otto“ aus Düsseldorf hat Werner S. hingegen offenbar verdrängt und sich noch nicht darum gekümmert. Er (S.) sei jetzt in Italien und bereite den Bau vor. Insgesamt zeigt sich Werner S. ernüchtert. Man versuche es im Moment kleinschrittig und hoffe darauf, dass es nach hinten raus größere Schritte werden. Es sei nun aber auch bereits das Jahr 2020, und es kämen immer noch zu viele Ausreden. Das sei zu wenig. „Das ist mein letzter Versuch, mit einem Haufen Leute was zu leisten“, so Werner S. Wenn dies nicht gelinge, ziehe er sich zurück. Er wolle gerne etwas voranbringen, das ihm am Herzen liegt. Deshalb wolle er sich beim Treffen die Leute ganz genau anschauen. Es gehe dabei nicht nur um ein einziges Treffen. Es müsse noch ein weiteres Treffen geben, eventuell auch Monate später. In Minden solle „Fraktur gesprochen“ werden, so Werner S. Er wolle am Vorabend zu Tony E. nach Hause kommen und ihm sagen, was genau er sich vorstelle. Tony E. ist es für das Treffen in Minden wichtig, dass angesichts der brisanten Themen der Kreis vertrauenswürdig bleibe.

Die Prozessbeteiligten erhalten nach Ende der Aufnahme wieder die Möglichkeit zur Stellungnahme. RA Sprafke erkennt im Gespräch den Versuch der beiden, den Wert seines Mandanten Thomas N. zu drücken und ihn vielleicht sogar zu ersetzen. RA Siebers, RA Grassl und RA Becker sehen in dem Treffen in Minden einen Termin mit offenem Ausgang. Man wisse nicht, wohin die Reise gehe, und kalkuliere weitere Treffen ein. RA Picker hebt hervor, dass es kein Vertrauen gebe, wenn man alle Teilnehmenden vorher kontrolliere. Er stellt außerdem die Frage, ob alle Beteiligten überhaupt wussten, worum es gehe. RA Mandic vertritt die Meinung, dass sein Mandant Michael B. zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für die Gruppe gebraucht worden sei.

Planung zwischen Thomas N. und Tony E.

Das letzte Telefonat an diesen Prozesstag stammt vom 27. Januar 2020 um 18.47 Uhr. Thomas N. möchte darin von Tony E. den Stand der Planungen für das Treffen am 8. Februar wissen, damit er einen Tisch im Restaurant bestellen kann. Zu Beginn weist Tony E. Thomas N. zurecht, dass er jetzt erst Feierabend habe und es nicht so leicht habe wie N. Außerdem habe er Schmerzen im Gesicht. Das komme, weil die von oben sprühen [Chemtrails], erklärt N. Tony E. ist gespannt, was mit dem Coronavirus passiere, und ob Bill Gates mit 60 Millionen Toten recht behalten werde. Es werde jedoch Zeit, dass Putin sein Schwert erhebe.

Noch ist unklar, wo gegessen werden soll und wie viele Personen kommen. Es werde aktuell mit 14 Personen geplant, so Tony E. Des Weiteren drängt er darauf, dass die Handys außerhalb des Hauses aufbewahrt werden, damit man in Ruhe quatschen könne. Thomas N. schlägt vor, dass diese in ein Auto auf dem Hof deponiert werden können. Bei den Teilnehmenden herrscht zum Teil noch Unklarheit. Ob der von den Carabinieri aus Italien komme, ist laut Tony E. unklar. Er habe zwei Zimmer für sich und Werner S. sowie für Frank H. und Marcel W. gebucht. Die beiden Bayern würden mit „Giovanni“ [Werner S.] mitfahren. Thomas N. habe hingegen Paul-Ludwig U. angeboten, dass er bereits eine Nacht vorher anreisen könne. U. werde aber nur eine Nacht bleiben, da er bereits Bahntickets für Samstagabend gekauft habe. Ansonsten verweist E. darauf, dass man alles Weitere im Chat am Wochenende besprechen werde.

Zu diesem Telefonat werden keine Erklärungen abgegeben. Der VR verkündet am Ende des Prozesstages, dass man bis Sommer 2023 Hauptverhandlungstermine einplane. Der Senat wolle beim nächsten Termin sein Restprogramm für das Jahr 2021 erklären.

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