Prozesstag 24: Michael B. ist nicht mehr in Haft

Der Angeklagte Michael B. betrat am 24. Prozesstag, dem 6. August 2021, das Gerichtsgebäude freien Fußes. Nach der Haftprüfung am vorangegangenen Mittwoch war sein Haftbefehl zwar aufrechterhalten, aber außer Vollzug gesetzt worden. Am letzten Verhandlungstag vor der Sommerpause wurden vier abgehörte Telefonate vorgespielt. Darin ging es vor allem um die Planung eines Treffens der Gruppe bei Tony E. In den Telefonaten zeigten sich Gruppenmitglieder ernüchtert über die geringe Resonanz auf die Einladung. Werner S. berichtete außerdem von einer Hausdurchsuchung, die im Herbst 2019 bei ihm stattgefunden habe. Zugleich klangen verschiedene Maßnahmen zur Geheimhaltung ihrer Gespräche in den Telefonaten an. Zum Ende des Verhandlungstags erhielten die Verfahrensbeteiligten Akten für das Selbstleseverfahren in der Sommerpause, die bis einschließlich 5. September 2021 andauert.

Wie mit dem Vorsitzenden Richter (VR) abgesprochen, fehlen heute Oberstaatsanwältin (OStA) Gößl sowie die Rechtsanwäte (RA) Flintrop, Hofstätter und Haupt.

Zu Beginn des Prozesstags erläutert der VR die Ergebnisse des Haftprüfungstermins vom 4. August 2021. Der Termin habe sich bis 19.30 Uhr hingezogen. Die Angeklagten Steffen B., Frank H. und Markus K. hätten keinerlei Angaben gemacht. Die Haftbefehle würden aufrechterhalten und blieben in Vollzug. Marcel W. habe umfangreiche Angaben zur Person, aber nicht zur Sache gemacht. Auch sein Haftbefehl werde aufrechterhalten und weiterhin vollzogen. Michael B. habe umfangreich zu seiner Person und ein paar Nebensätze zur Sache ausgesagt. Sein Haftbefehl werde zwar weiter aufrechterhalten, jedoch außer Vollzug gesetzt. Seit Mittwochabend befinde er sich auf freiem Fuß. Die Aussagen seien audio-visuell aufgezeichnet worden. Der Senat behalte sich vor, die Aufnahmen in das Verfahren einzuführen.

Vorsicht bei der Kommunikation und kryptoverschlüsselte Mails

Am heutigen Prozesstag werden vier Gespräche aus der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) eingeführt, für die bei einem vorherigen Termin keine Zeit mehr war. Bei den Gesprächen handelt es sich um Telefonate von Werner S. mit anderen Gruppenmitgliedern. Darin geht es um die Planung eines Treffens vom 13. bis 15. Dezember 2019 bei Tony E., das letztendlich dann aber ausfiel und erst erst im Februar 2020 bei Thomas N. stattfand.

Im Gespräch Nummer 17 vom 25. November 2019 um 13.42 Uhr sprechen Werner S. und Tony E. miteinander. Tony E. scheint die Organisation des Treffens in die Hand genommen zu haben. Er berichtet, dass er sich vorab mit Ralf [vermutlich Ralf N., Führungsmitglied der „Bruderschaft Deutschland“] treffen und dabei Thorsten K. [aus Hamburg] mitnehmen wolle, damit Thorsten K. und Ralf einander kennenlernen. Außerdem will er mit Ralf N. über dessen Pläne reden, weil dieser vom 13. bis 15. Dezember nicht dabei sein könne. Michael B. („Micha“) wisse wegen seines Hundes noch nicht, ob er an dem Treffen teilnehmen könne, berichtet E., obwohl in dem Lokal, in dem sie sich treffen würden, Hunde erlaubt seien.

Werner S. meint, er habe „Micha“ vor einigen Wochen gebeten, sich bei ihm zu melden. Er habe ihm aber auch gesagt, dass er bei der Kontaktaufnahme vorsichtig sein soll. S. vermutet, dass sich Michael B. deshalb nicht bei ihm melde. B. solle sich stattdessen bei Tony E. melden. Werner S. beklagt sich darüber, dass es schwach sei, wenn von zehn wieder nur drei Personen teilnähmen. Tony E. solle ihn auf dem Laufenden halten, wer kommt. Tony E. beschwichtigt: „Ansonsten sind alle am Start.“ Paul-Ludwig U. werde bis NRW fahren und habe zwei Namen genannt, mit denen er eine Fahrgemeinschaft bilden könne.

Werner S. erkundigt sich, ob die Chatgruppe „Heimat“ noch existiere. Laut Tony E. sei diese noch aktiv, jedoch ruhiger geworden. Er habe mit Karsten aus der Gruppe telefoniert. Dieser habe ihm von einem Bandscheibenvorfall und Depressionen erzählt. Werner S. möchte von E. wissen, ob er auf etwas achten müsse, wenn er in die „Heimat“-Gruppe zurückkehre [aus der er sich temporär zurückgezogen hatte, offenbar aus Sicherheitsgründen], und ob dort jemand über ihn gelästert habe. „Überhaupt nicht“, versichert E.

Werner S. sagt, dass er in der Kommunikation mit anderen etwas vorsichtig sein müsse. Man [gemeint sind vermutlich Sicherheitsbehörden] habe kurzfristig sein Handy beschlagnahmt. Tony E. rät Werner S., sich ein E-Mail-Postfach bei „Posteo“ einzurichten. Dort könne man Emails kryptoverschlüsseln.

Der VR gibt den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zu dieser Aufnahme zu äußern. RA Berthold weist darauf hin, dass sich sein Mandant Michael B. erneut habe entschuldigen lassen. Dieses Mal wegen seines Hundes. RA Herzogenrath-Amelung, Verteidiger von Frank H., stellt die Frage, ob Werner S. dem Hinweis mit dem kryptoverschlüsselten Mail-Anbieter nachgegangen sei. Falls nicht, dann habe er seiner Meinung nach kein schlechtes Gewissen gehabt.

Hausdurchsuchung bei Werner S. im Herbst 2019

Das Telefonat Nummer 18 vom 29. November 2019 um 11.01 Uhr nutzt Werner S., um Michael B. zu einer Zusage zum Treffen im Dezember zu bewegen. Man müsste jetzt die Übernachtungsplätze planen. Michael B. sagt, er wolle selbst nicht fahren. Er habe den Hund. „700 Kilometer ist schon eine Ecke“, so B. Werner S. bietet ihm an, dass er mit seinem Hund bei ihm mitfahren könne. Er habe auch eine Hundebox. Sein Transporter sei nicht gemütlich, aber es gehe. „Optimal“ findet Michael B. diese Möglichkeit.

Auf die Frage von Michael B., ob bei ihm wieder alles soweit in Ordnung sei, erzählt Werner S. von einer Hausdurchsuchung, die vor kurzem bei ihm stattgefunden habe. Als er „mit den ganzen Leuten oben gewesen“ sei [vermutlich geht es um die Demonstration am 3. Oktober 2019 in Berlin], sei er bei einer Polizeikontrolle durchsucht worden. Dort habe man Quarzhandschuhe bei ihm gefunden. Nun hätten sechs Polizisten sein Haus durchsucht, aber nicht viel gefunden. Sein Auto hätten sie konfisziert, „weil sie Blutspritzer gefunden haben“. „Jetzt hab ich halt Widerstand, Beleidigung und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Da geht es jetzt hier um ein Jahr Gefängnis oder eine empfindliche Geldstrafe“, erzählt Werner S. Da er nicht vorbestraft sei, müsse er nicht direkt ins Gefängnis, vermutet er. Das sei ihm „scheißegal“, dann gebe es halt eine Verhandlung. Beide beklagen, dass aus ihrer Sicht „Neuankömmlinge“ [Migrant*innen] dagegen in Deutschland machen könnten, was sie wollen. Werner S. gibt sich in seinem Fall zuversichtlich: „Ich hab zwei Spitzenanwälte damit beauftragt und fühle mich da ganz gut und sicher. Und wenn ich einhocke, dann hocke ich ein. Ändern kann ich es sowieso nicht.“

Zum Schutz der gesamten Truppe“

Werner S. kommt erneut auf das Treffen bei Tony E. zu sprechen. Michael B. sagt, er sei „sehr interessiert“. Gleichwohl müsse er seinen Kalender prüfen, ob das ein „Kinderwochenende“ sei. Er könne S. jetzt wieder normal erreichen und werde sich bei ihm melden. S. bestätigt das. Er habe „zum Schutze der gesamten Truppe […] alles verlassen, wo ich drin war.“ Die Chatgruppen zu verlassen sei eine „Vorsichtsmaßnahme“, eine „private Angelegenheit“ gewesen. Nun sei er wieder in den Gruppen.

Der VR gibt den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit für Erklärungen. RA Mandic erkennt in diesem Telefonat den Versuch von Werner S., seinen Mandanten Michael B. für das Treffen zu umgarnen. Sein Mandant distanziere sich dagegen so langsam, so RA Mandic. Später erfahre man, dass Werner S. über B.s Nichtteilnahme sehr verärgert sein werde. Er wolle ihn nicht mehr dabei haben. RA Miksch, Verteidiger von Marcel W., greift Werner S.‘ Aussage auf, dass es ihm egal sei, ob er im Gefängnis hocke oder nicht. Seiner Meinung nach passe das nicht zur Behauptung, S. habe Terroranschläge geplant. Thorsten W.s Verteidiger RA Hörtling sieht in dem Telefonat einen erneuten Versuch von Werner S., sich als der Starke zu profilieren.

Die Bundesrepublik ist für mich kein Staat“

Ein Gespräch zwischen den Angeklagten Thomas N. und Werner S. ist Gegenstand von Telefonat Nummer 19, das am 7. Dezember ab 9.56 Uhr von der TKÜ aufgezeichnet wurde. Zunächst sprechen die beiden über den möglichen Erwerb eines Grundstücks. [Die „Gruppe S“ hatte damals in Erwägung gezogen, in Thüringen ein Stück Land für Treffen und vermutlich für Survival-Trainings und zum Preppern zu nutzen.] Er, so Thomas N., habe Werner S. das Angebot per WhatsApp zugesendet. Dieses Gelände von 700 Quadratmetern zu je 1,10 Euro hätten „die Thüringer“ angeboten. S. zeigt sich sehr skeptisch, weil das Grundstück in einer Moorlandschaft liege. Da könne man nichts machen: nicht einzäunen, keinen Unterstand bauen. Thomas N. gibt an, das Angebot nur deshalb an Werner S. weitergeleitet zu haben, um seine Meinung zu erfahren. Er selbst halte auch nichts davon.

Thomas N. berichtet, er sei heute bei einem Treffen gewesen. Er zeigt sich enttäuscht darüber, dass nur acht Leute anwesend gewesen seien. „Und da waren die Frauen mitgezählt, die müsste man ja eigentlich abziehen“, beschwert sich N. Immerhin stehe das Treffen der Hamburger. Werner S. berichtet, dass er von Michael B. noch keine Rückmeldung habe, ob er am Treffen teilnehme. B. hege wohl die Befürchtung, dass sein Hund mit dem Hund von Tony E. aneinandergeraten könne. Für die Platzbelegung werde es aber Zeit. Deshalb habe er den Platz an Steffen B. vergeben, der aus dem Potsdamer Raum anreise. Werner S. hofft, dass Michael B. sich noch kurzfristig zur Mitfahrt entscheidet. Thomas N. erzählt, dass Paul [Paul-Ludwig U.] am 13., also einen Tag vor dem eigentlichen Treffen, bei ihm übernachten werde und man gemeinsam dann zum Treffpunkt fahre. Außerdem bestätigt er, dass Thorsten K. komme. Das Handy von Thorsten K. laufe nicht auf seinem Namen, sondern einen anderen, „wegen Mithören und so“. Ebenso habe ein Björn ein Ticket gepostet und damit signalisiert, er werde am Treffen teilnehmen.

Werner S. erkundigt sich nach dem Befinden von Thomas N. Dieser beklagt sich, dass bei ihm die Steuerfahndung ein Schätzverfahren durchführe. Das Finanzamt wolle 70.000 Euro von ihm. N. fühlt sich betrogen. „Die Bundesrepublik ist für mich kein Staat, das hab ich denen gesagt“, erklärt er am Telefon. Werner S. antwortet: „Das müssen wir alles besprechen, da oben. Alles andere ist lächerlich, die Posterei interessiert mich einen Scheißdreck.“ Tony E. werde die Planung des Treffens am 14. Dezember vorantreiben. Er, Werner S., werde bereits am 13. Dezember 2019 bei ihm aufschlagen, um schon mal ein paar Dinge mit ihm durchzukauen.

RA Berthold, Verteidigung Michael B., sieht in diesem Gespräch eine gewachsene Enttäuschung bei Werner S. darüber, dass Michael B. sich nicht melde, sodass er den Übernachtungsplatz an Steffen B. vergeben habe. S. habe lange die schützende Hand über seinen Mandanten gehalten, glaube aber nicht mehr so recht an ihn.

Handys ins Auto

Als letzte Aufnahme aus der TKÜ für heute wird ein Gespräch zwischen Werner S. und Tony E. vom 7. Dezember 2019 um 10.31 Uhr eingeführt, also eine Woche vor dem geplanten Treffen bei E. Tony E. ist gerade spazieren; das Gespräch ist durch den Wind zum Teil kaum zu verstehen. Auf die Frage, was es Neues gebe, erzählt Tony E. von seinem Besuch beim Augenarzt. Sein Tumor liege in der Nähe des Sehnervs. Die Augen seien aber „hervorragend intakt“, ja sogar besser als bei einem früheren Sehtest. Er sei positiv gestimmt und sehe seine bewusstere Lebensweise als Grund für die Verbesserung. Werner S. sekundiert. Man müsse sich entspannen können, auch mental. Tony E. erläutert, dass er weniger aufs Handy schaue, um seinen Konsum der ganzen „Medienscheiße“ einzudämmen. Werner S. stimmt mit ihm überein. Er schränke sich bei digitalen Medien auch selbst ein.

Werner S. leitet zur Planung des Treffens über. Er habe mit Thomas [N.] gesprochen. Paul [Paul-Ludwig U.] werde am 13. Dezember zu N. kommen, um am 14, Dezember gemeinsam zu E. zu fahren.Tony E. berichtet, dass Thorsten K. sich um eine Lokalität in der Gegend bemüht habe. Diese sei aber durch eine Weihnachtsfeier belegt. Tony E. schlägt vor, das Treffen bei ihm abzuhalten, wenn kein geeignetes Lokal gefunden werden könne. In seinem Wintergarten wäre Platz für 17 Personen. „Dann würde ich was vorbereiten zum Schnabulieren“, sagt E., gegen einen kleinen Kostenbeitrag wegen des Aufwands. Werner S. esse natürlich umsonst. „Ich reih mich ein wie alle anderen auch“, widerspricht dieser. Tony E. erklärt, dass zum Treffen alle Handys raus ins Auto müssten. Auch seine Frau müsse dann auf ihr Gerät verzichten.

Kontakt zur „Bruderschaft“: „Paul ist dann da also unser Sprachrohr.“

Werner S. fragt ihn, wer denn zum Treffen komme. Tony E. zählt auf: Werner S., er selbst, Thomas, Paul und Thorsten, der für zwei Stunden komme. Werner S. teilt mit, dass er von „Micha“ nichts mehr gehört habe, aber Steffen [B.] komme. Tony E. ergänzt, dass Steffen spontan entscheide, ob er bei ihm übernachte. Dafür könne Björn nicht kommen, da seine Mutter an diesem Tag ihren 70. Geburtstag feiere. Er komme jedoch mit seiner Frau am Vorabend vorbei. Werner S. antwortet, das sei gut, da die „Wichtigsten“ dabei seien.

Tony E. erzählt außerdem, dass er mit Ralf N. telefoniert habe. Dieser könne nicht kommen, weil er am 14. Dezember eine Weihnachtsfeier habe und am 15. nach Spanien fliege. Tony E. wolle am Abend noch mit Paul-Ludwig U. telefonieren, damit dieser beim Treffen der „Sektion Süd“ [der „Bruderschaft Deutschland“] die „Marschrichtung“ [vermutlich für die Kooperation mit der „Gruppe S“] abstecken könne. Daran wolle man sich orientieren. „Paul ist dann da also unser Sprachrohr“, so E.

Lieber ein paar Gerade statt viele Krumme“

Werner S. und Tony E. unterhalten sich über ihre Telefonanschlüsse. Tony E. sagt, er telefoniere gerade mit seinem Diensthandy, da dieses nicht abgehört werde. Werner S. berichtet, dass Thomas N. enttäuscht sei, dass nur acht Leute zum Treffen [vermutlich des „Freikorps Heimatschutz“] kämen. Tony E. zählt auf: Sören [B.], Fred, sich selbst, Thomas [N.], einen Markus, Danilo und Ralf, der jedoch wieder abgesagt habe. Tony E. spricht davon, dass er drauf und dran sei, das „Freikorps“ aufzulösen. Es werde momentan „krass umstrukturiert und ausgedünnt“. Werner S. findet das gut: „Lieber ein paar Gerade statt viele Krumme“. Es müsse aber mehr in der Gruppe gehen. Danach verabschieden sich die beiden.

Selbstleseverfahren über die Sommerpause

Im Anschluss an diese TKÜ-Aufnahmen gibt der stellvertretende Vorsitzende Richter Mangold eine Übersicht über die Urkunden und Schriftstücke für das Selbstleseverfahren. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Ausdrucke aus dem Verlauf von Chatgruppen und Datenaufbereitungen. Es geht dabei unter anderem um die Chatgruppen „Heimat“, „Besprechungszimmer“, „Netzwerk BWBY“, „Tutto Ramazotti“, „Gruppenaufbau“, „Aufnahme Freiwillige“, „Netzwerk Ost“, „Netzwerk Nord“, „Besprechung“, „Chatgruppe Süd BW“, „Heimatliebe – Tradition – Familie“ und weitere Organisations-Gruppenchats.

Der VR erläutert das Selbstleseverfahren für alle Verfahrensbeteiligten: Bis zum 9. September könnten sie die Akten durchlesen. Wegen ihrer immensen Menge – ein mindestens handbreiter Stapel beidseitig bedruckter Blätter – könne man nicht alle Chatnachrichten im Verfahren vorlesen, daher das Selbstleseverfahren. Die Richter müssten das alles lesen, alle anderen Beteiligten könnten das freiwillig tun.

Während die Unterlagen im Saal verteilt werden, fragt der VR den Angeklagten Michael B., ob er schon eine Unterkunft habe. Die Antwort müsse er vor der Öffentlichkeit nicht im Detail darlegen, das könne man auch abseits der Verhandlung besprechen. Der Angeklagte bejaht, dass er eine neue Unterkunft habe.

Beweisanträge der Verteidigung

Gegen Ende des kurzen Verhandlungstages folgen noch drei Anträge von Seiten der Verteidigung. Marcel W.s Verteidiger RA Picker beantragt, alle Verfahrensbeteiligten über die Aussage von Michael B. zur Sache in Kenntnis zu setzen, damit sie diese in ihrer Verteidigungsstrategie berücksichtigen können. OStAin Bellay verweist darauf, dass der Zeitpunkt der Einführung dieser Aussage im Verfahren dem Gericht obliege. Michael B.s Anwalt RA Mandic sagt, man schließe sich dem Antrag nicht an. Es spreche aber aus seiner Sicht nichts dagegen, selbst ein paar Worte zur Aussage zu äußern. Dem Antrag schließen sich die RA*innen Schwaben, Rueber-Unkelbach, Kist, Linke und Sprafke an.

Ein weiterer Antrag kommt von RAin Schwaben. Sie beantragt das Verlesen von Einträgen aus der Akte des Bewährungshelfers Jens W. über Paul-Ludwig U. zum Beweis der Tatsache, dass Paul-Ludwig U. zwischen Juli 2018 und seiner Abreise nach Mosbach im November 2018 vom Bewährungshelfer Jens W. 240 Euro erbettelt habe. Das sei wichtig, weil der Bewährungshelfer Jens W. in der Befragung vor Gericht angegeben habe, nicht von Paul-Ludwig U. manipuliert worden zu sein. Demgegenüber stehe die Aussage der zweiten Bewährungshelferin Nadja Sch., U. agiere manipulativ. RAin Schwaben rechnet vor, dass Paul-Ludwig U. sein zur Verfügung stehendes Geld um 80 Euro im Monat, also rund 20 Prozent, aufgebessert habe. Dieses Beispiel sei deshalb wichtig, weil es zeige, wie „subtil und ubiquitär“ der Angeklagte U. agiere. OStAin Maslow widerspricht, der Antrag sei bedeutungslos, weil er vielleicht mögliche, aber nicht zwingende Schlüsse zulasse. Dem Antrag schließen sich die RA Mandic, Siebers, Kist, Ried, Becker und Linke an.

Der dritte Antrag kommt von RA Siebers, Verteidiger von Werner S. Er beantragt die Vernehmung des LKA-Beamten K. zum Beweis der Tatsache, dass OStAin [bei der Generalbundesanwaltschaft] Cornelia Zacharias über ihn Anweisungen an Paul-Ludwig U. gegeben und ihre schützende Hand über den Angeklagten gehalten habe. RA Siebers bezieht sich einerseits auf eine TKÜ, in der U. sagte, der Polizeibeamte K. habe ihn über die Anordnungen von Zacharias informiert. Andererseits verweist er auf einen Vorfall am 23. Prozesstag, als U. gegenüber RA Miksch auf ein Blatt verwies, auf dem stand: „Das war ich, das ist mir alles so von Herr [K.] gesagt worden.“ OStA Bellay erklärt, es gebe von Seiten des Generalbundesanwalts keinerlei Probleme mit diesem Antrag. Man werde sicherlich Herrn K., Frau Zacharias und einen weiteren Zeugen namens S. hören. „Ich könnte jetzt natürlich auch im Gegenteil den Antrag stellen, dass Frau Zacharias nicht das gesagt hat. Ich werde mir das sparen, wir werden das hören.“ Dem Antrag schließen sich die RA*innen Mandic, Schwaben, Miksch, Rueber-Unkelbach, Kist, Ried, Becker, Linke und Sprafke an.

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