Am 109. Prozesstag im Verfahren gegen die „Gruppe S“ am 9. Dezember 2022 war zunächst ein Mitglied der „Wodans Erben Germanien“ aus Bayern als Zeuge vorgeladen, verweigerte aber die Aussage. Es folgte die Präsentation mehrerer Sprachnachrichten, die einerseits Einblick in die Organisation des Treffens in Minden gaben, andererseits die Rolle von Tony E. für die Gruppe veranschaulichten. In einer Sprachnachricht erklärte E., er sei nicht nationalsozialistisch, aber „rechtsradikal“ und „kaisertreu“. Von Angehörigen seines „Freikorps“ erwarte er ein unauffälliges Verhalten. Des Weiteren wurden längere Telefonate von Paul-Ludwig U. mit seinen Ansprechpartner*innen im LKA abgespielt, in denen sich U. über das Vorgehen deutscher Sicherheitsbehörden gegen extrem rechte Gruppierungen beklagt und darüber, dass er auch Straftaten begehen müsse, um an die großen Fische ranzukommen. Außerdem drängte er erneut darauf, in den Zeugenschutz zu kommen.
Der Vorsitzende Richter (VR) ruft den Zeugen Andreas „Andi“ W. (41) auf, der im Zusammenhang mit den „Wodans Erben Germanien“ (WEG) in Bayern aussagen soll. Obwohl der VR darauf hinweist, dass der Zeuge sich durch seine Aussagen wohl kaum selbst belasten könnte, möchte W. nichts sagen. Marcel W.s Rechtsanwalt (RA) Miksch versucht dennoch, dem Zeugen Aussagen zu entlocken und erwähnt, dass W. laut Aktenlage die Leitung der WEG Bayern übernommen habe. Doch bei den Fragen, ob sich Mikschs Mandant W. und dessen Mitangeklagter Frank H. innerhalb der WEG für die Anwendung von Gewalt ausgesprochen haben oder die Gruppe bei Treffen über Waffen sprach, macht der Zeuge von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch und wird entlassen.
Toni E. organisiert, Werner S. muss verschieben
Der VR setzt im Anschluss die Beweiserhebung fort, indem er weitere Aufnahmen aus der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) vor Gericht abspielen lässt. Dabei geht es vor allem um Tonaufnahmen, die über Chat-Programme [wie z.B. Telegram oder WhatsApp] versendet wurden.
In den ersten Aufnahmen ist der Angeklagte Toni E. zu Jahresbeginn 2020 zu hören. Er kommuniziert mit verschiedenen Personen, die zum geplanten Treffen am 18. Januar 2020 nach Minden eingeladen sind. Dabei kommuniziert E. den geplanten Programmablauf, dessen Vorbereitung abgeschlossen sei. Vorgesehen sind ein Mittagessen bei „unserem Kumpel“ im Restaurant und dann die Besprechung beim Angeklagten Thomas N. zuhause. Zu dem Treffen sollen auch „die Hamburger“ und „die Düsseldorfer“ [mutmaßlich „Bruderschaft Deutschland“ um Ralf N.] anreisen. Toni E. schlägt gegenüber Werner S. vor, zusammen im Hotel des Freundes zu übernachten und am nächsten Morgen bei Thomas N. noch einen Kaffee zu trinken. In einer Aufnahme meldet sich Werner S., er habe eine „scheiß Nachricht oder gute“. Das Treffen könne am 18. Januar nicht stattfinden, weil er am Vortag einen Notartermin [vermutlich für ein Haus in Italien] habe.
Toni E. kündigt „brisante Neuigkeiten“ für das Treffen an
In einer Sprachnachricht an Ralf N. von der „Bruderschaft Deutschland“ (BSD) wundert sich Toni E., was auf N.s Facebook-Seite los sei. Mit Blick auf Paul-Ludwig U., der wohl wegen der Fahrtkosten für das geplatzte Treffen am 18. Januar einen Ausgleich fordert, erklärt E., dass Werner S. die Kosten übernehme und sich Ralf N. nicht aufregen brauche. Der neue Termin für das Treffen sei nun „definitiv“ der 8. Februar. „Wer kommt, der kommt, wer nicht, der nicht“, so Toni E. Diese Aussage interpretiert Frank H.s RA Herzogenrath-Amelung so, dass es „ins Belieben gestellt“ gewesen sei, wer zu dem Treffen komme, was nicht typisch für die Gründung einer terroristischen Vereinigung sei. Toni E. kündigt in der Sprachnachricht an Ralf N. außerdem „brisante Neuigkeiten“ sowie das Erscheinen eines Ex-Militärs an. Es sei deshalb gut, wenn ein Vertreter der BSD kommen würde.
In einer Sprachnachricht vom 30. Januar 2020 an Wolfgang W. spricht Werner S. davon, dass er einen „sehr guten Mann“ aus Ludwigshafen am Rhein habe. Man müsse aber nochmal genauer einen Blick auf ihn werfen, sonst könne er nicht am Treffen teilnehmen.
Toni E. und Werner S. wundern sich über den Status von Paul-Ludwig U. in der „Bruderschaft“
Paul-Ludwig U. berichtet gegenüber Werner S. in einer Sprachnachricht, dass er mit Ralf N. von der BSD telefoniert habe und U. nun „offiziell“ als „Sprachrohr“ für die „Bruderschaft“ auftreten werde. Er sei im Großen und Ganzen informiert und stehe weiter mit Ralf N. im Kontakt.
„Nicht mal offizielles oder volles Mitglied, auf Probe und darf dann voll entscheiden?“, wundert sich Toni E. in einer Sprachnachricht gegenüber Werner S. Er sei gespannt, sehe das aber nicht dramatisch, denn „Paul ist pflegeleicht“. Werner S. antwortet, auch er habe sich gewundert. Es könne sein, dass das nicht der exakte Wortlaut gewesen sei. „Der Paul ist der Paul.“ Er betrachtet Paul-Ludwig U. ebenfalls als „pflegeleicht“. U. tue, was man ihm sage.
Steffen B. will Stefan K. zum Treffen mitnehmen
Steffen B. teilt in einer Sprachnachricht Werner S. mit, dass sein ursprünglich vorgesehener Mitfahrer Sven wegen der Erkrankung seines Kindes nicht mitfahren könne. Stattdessen fragt er, ob es ein Problem wäre, Stefan K. zum Treffen nach Minden mitzunehmen. Das würde B. helfen, Fahrtkosten zu sparen. Werner S. antwortet, er habe den anderen Mann [Sven] ohnehin nicht gekannt. Stefan K. sei ihm bekannt. Ihn hätte er auch eingeladen, wenn er von dessen Interesse gewusst hätte. Aber Stefan K. sei nicht allen in der Gruppe bekannt. Er müsse vorher gebreeft werden, denn, so betont Werner S., „die Themen sind brisant“ und „das Material, was verarbeitet werden soll, ist erheblich“. Werner S. überlässt Steffen B. die Entscheidung, ob er K. mitnehmen wolle. Steffen B. meint, Werner S. könne sich vorab mit Toni E. über die Teilnahme von K. beratschlagen. Zudem sei Sven „was alle weiteren Vorbereitungen betrifft […] mit vollem Herzblut dabei“. B. könne nichts Schlechtes über ihn sagen.
In einem Kommentar zu diesen Tonaufnahmen erklärt der Angeklagte Frank H. vor Gericht, dass sich hier Menschen treffen würden, die sich gar nicht kennen würden. Dies sei für ein konspiratives Vorgehen untypisch.
Paul-Ludwig U. sei eine „Ratte“
Am 7. Februar 2020, also einen Tag vor dem Treffen in Minden, teilt Toni E. per Sprachnachricht einigen Teilnehmern den genauen Treffpunkt mit. Danach werden im Gericht Sprachnachrichten abgespielt, die nach dem Treffen in Minden versendet worden sind. Diese sind im Kontext des Verdachts innerhalb der Gruppe zu sehen, dass Paul-Ludwig U. ein Spitzel sein könnte, der zudem bei Thomas N. geklaut haben soll.
In Sprachnachrichten spricht sich Werner S. zum einen dafür aus, dass geplante Folgetreffen am 21. März abzusagen. Paul-Ludwig U. sei aus der internen und externen Kommunikation der Gruppe entfernt worden. Wenn sich das mit dem Diebstahl bewahrheiten würde, sei das eine zu bestrafende Angelegenheit. Man müsse nun vorsichtig vorgehen, „strategisch und taktisch“. S. wolle sich mit Toni E. besprechen, Ralf N. soll informiert werden.
Im Telegramchat „Organisation Sonstige Chatgruppe“ spricht Toni E. mit einem Otto bzw. Wolf. Toni E. erklärt, Paul-Ludwig U. sei ihnen persönlich bekannt und das Problem bei U. liege darin, dass er eine „Ratte“ sei. Dabei sei U. „über sieben Instanzen wärmstens empfohlen“ worden. Man werde in Zukunft darauf achten, dass nur Personen in der Gruppe „Heimat“ Mitglied sein dürften, die E. oder Werner S. persönlich bekannt seien. Da könne sich der Gesprächspartner sicher sein. „Matze“ alias Werner S. wolle sich jedoch erst Mal zurückziehen.
Michael B.s RA Mandic fragt sich nach dieser Sprachnachricht, inwiefern staatliche Stellen bei den Empfehlungen von Paul-Ludwig U. eine Rolle spielten.
Wollte Michael B. eine eigene Gruppe aufbauen?
Aus der Telegram-Auswertung beim Angeklagten Michael B. werden zwei Sprachnachrichten vor Gericht abgespielt. In einer ersten Nachricht geht es darum, dass „er“ [wurde nicht klar benannt, vermutlich Werner S.] nicht raus sei, sich aber zurückhalte. Man solle locker bleiben. Michael B. sagt weiter, es sei nicht schlecht, wenn man selbst Gruppen bilde und dranbleibe.
Während die erste abgespielte Nachricht nebulös klingt, äußert sich B. in der zweiten Nachricht gegenüber einem Jürgen konkreter. B. habe mit einem Marcel telefoniert. Für B. sei nicht ganz klar, wer aus der „Heimat“-Gruppe noch dem Süden zuzuordnen sei. Deshalb wolle er mit Jürgen diejenigen Namen zusammentragen, die dem Süden zuzurechnen seien, etwa durch einen Abgleich mit der Gruppe für Bayern und Baden-Württemberg. Angesichts der „Turbulenzen“, die es nach dem Treffen in Minden in der bundesweiten Gruppe gebe, wolle B. die Personen persönlich anschreiben, die in Frage kämen, solange die Gruppe noch offen ist. „Wäre schade drum“, wenn die Gruppe schließe, bevor er die Leute kontaktieren könne.
Werner S. versucht zu beruhigen
In einer Sprachnachricht aus dem Telegram Chat „Organisation Sonstige Chatgruppen“ mutmaßt Werner S., dass zumindest er schon „Besuch“ [von der Polizei] bekommen hätte, wenn jemand das Gespräch in Minden mitgeschnitten hätte oder unvorsichtig gewesen sei. Die Erfahrung habe er bereits zwei Mal gemacht. Schlimmeres befürchte er nicht, aber man solle dringend aufpassen, dass nichts nach außen getragen werde. Paul-Ludwig U. sei Mitwisser. Er werde aber vermöbelt oder verstoßen, vermutet S. Werner S. ist sich jedoch nicht ganz sicher, ob Paul-Ludwig U. wie alle anderen sein Mobiltelefon beim Treffen in Minden abgegeben habe. S. gibt die Empfehlung aus, mit dem Tagesgeschäft weiterzumachen.
Toni E.: „rechtsradikal“, „Preuße“, „kaisertreu“
Toni E. spricht in einer weiteren Sprachnachricht, die vor Gericht zu hören ist, über das Auftreten eines Angehörigen des „Freikorps Heimatschutz Division 2016 – Das Original“. Dort habe es ein Mitglied namens Tom gegeben, der einerseits zuverlässig und loyal gewesen sei und die ihm gegebenen Aufgaben erledigt habe, andererseits aber seinen eigenen Kopf gehabt habe. Tom habe sein eigenes Ding gedreht. So sei eine Devise des „Freikorps“, nicht in der Öffentlichkeit stehen zu wollen. Es sei „der Sache nicht dienlich, in unseren Farben auf Demos zu gehen“. Tom habe dagegen geschossen, sei auch im Kontakt mit Neonazis, wie zum Beispiel einem „Dicken“, der bei der Demonstration am 3. Oktober 2019 in Berlin mit einer grünen Bomberjacke aufgetreten sei. Toni E. erklärt, er distanziere sich von „nationalsozialistischem Dreck“. Er sei „Rechtsradikaler“, „Preuße“ und „kaisertreu“. Toni E. verehre Wehrmachtsoldaten, habe aber „für NS-Scheiß“ nichts übrig.
Toni E. erklärt, man können Leute in der Organisation nicht brauchen, die nicht an Gruppentreffen teilnehmen, querschlagen, durch Geltungsbedürfnis auffallen und sich nicht an Absprachen halten. E. betont, er sei derjenige im „Freikorps“, der für den Kontakt mit anderen Organisationen verantwortlich sei. Tom habe dagegen über einen anderen Weg den Kontakt zu Tommy L. [Anführer] von den „Wodans Erben Germanien“ aufgenommen. Man habe schließlich einen Schlussstrich gezogen, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Ralf N. habe ihm gegenüber geäußert, dass das wie „Verrat“ sei, wenn einer geht.
Paul-Ludwig U. auf „geheimer Mission“
Nachdem 24 eher kurze Sprachnachrichten für die Beweiserhebung abgespielt wurden, folgen drei etwas längere Nachrichten, die der Angeklagte Paul-Ludwig U. seinen Ansprechpartner*innen im LKA Baden-Württemberg hinterlassen hat. Die Aufnahmen wurden im Herbst 2019 erstellt.
In der ersten Aufnahme berichtet U. von einem Telefonat mit Ralf N. von der BSD. N. habe ihm erzählt, in jedem Bundesland und auch in der Schweiz würden Kleingruppen aufgebaut, die miteinander vernetzt seien. Paul-Ludwig U. soll vor seiner Aufnahme mit einem Peter sprechen, dort aber auf sein Telefonat mit Ralf N. verweisen. Dann würde U.s Aufnahme eher „pro forma“ geprüft und U. könne bald Mitglied der baden-württembergischen Struktur der „Bruderschaft“ sein. Normalerweise ließe Ralf N. die Bewerber durchleuchten, was nach Interpretation von U. darauf schließen lasse, dass N. in die Polizei hinein vernetzt sei.
U. will im Telefonat auch erfahren haben, dass kleinere Aktionen der „Bruderschaft“ nur von N. oder einem anderen der drei Anführer genehmigt werden müssten. Bei „Hardcore-Aktionen“ wären die Sicherheitsvorkehrungen größer. Diese würden unter vier oder acht Augen besprochen, ohne dass technische Geräte verwendet würden.
U. gibt an, es seien für das Frühjahr 2020 große Aktionen geplant. Er trägt seinen Ansprechpartner*innen auf, die Generalbundesanwaltschaft (GBA) um Zeit bis zum Frühjahr zu bitten und bis dahin keine „Schnellschuss-Reaktionen“ zu zeigen, denn die Leute, die bei den Aktionen dabei seien, seien „keine Spaßmacher oder Facebook-Rambos“. U. sagt, er gehe diesen Weg; mit Zeugenschutz, anders gehe es nicht mehr. Er werde das LKA über jeden seiner Schritte informieren. Außerdem erklärt U., dass er als „militärischer Admin“ der Gruppe bestimmte Straftaten begehen müsse, wie etwa das Liken von Bildern mit strafrechtlich relevantem Inhalt oder entsprechende Kommentare abgeben. „Da kann ich nicht einfach lari-fari und ich schmeiße hier mit Wattebäuschen, das muss klar sein“, so U. über sein geplantes Handeln innerhalb der Gruppenkommunikation.
Marcel W.s RA Picker erklärt in seiner Stellungnahme zu dieser Aufnahme, dass spätestens hier den Ermittlungsbehörden klar gewesen sein müsse, dass U. tatprovozierendes Verhalten an den Tag lege. Michael B.s RA Berthold unterstreicht die Aussage seines Kollegen. Es sei klar geworden, dass U. Straftaten begehen werde. Hier hätte es einer eindeutigen Gefährderansprache bedurft.
Werner S.‘ RA Siebers hebt hervor, dass dem LKA nach dieser Aufnahme klar gewesen sein müsse, dass U. die Ansage nicht verstanden habe, dass es für ihn keinen Zeugenschutz geben könne. Dies hätte gegenüber dem GBA kommuniziert werden müssen.
Paul-Ludwig U.s Tirade über die Innenpolitik und Forderung nach Zeugenschutz
In einer Aufnahme vom 19. Oktober 2019, also kurz nach dem Anschlag in Halle, drückt Paul-Ludwig U. gegenüber seiner Ansprechpartnerin im LKA (Maren S.) seinen Unmut über das Vorgehen deutscher Sicherheitsbehörden im Kampf gegen die terroristische Gefahr aus. Wenn der Bundesinnenminister Horst Seehofer im Kampf gegen den Terrorismus eine erhebliche Aufstockung des Personals von Sicherheitsbehörden ankündige, dann würden die Menschen nur nach Strich und Faden verarscht, denn dieses Personal gebe es nach Ansicht von U. nicht. „Stand jetzt ist die Polizei unfähig“, sagt U. und fordert Gesetzesänderungen und mehr Befugnisse für die Ermittlungsbehörden.
Paul-Ludwig U. fühlt sich in seinen Forderungen gegenüber seinem Ansprechpartner beim Gießener Staatsschutz, Herrn W., bestärkt. Dieser habe laut U. gesagt, die Behörden seien am Limit – und ohne U. hätte man keine „Patriotenliste“ und keine „Antifaliste“. „Wenn ich das hier nicht freiwillig machen würde, mein Geld investieren“, wer käme dann an die großen Fische wie Ralf N. ran, fragt U. In einem erregten Tonfall fährt er fort. Er verstoße permanent gegen das Gesetz, werde als Beschuldigter geführt. Er komme an den Kern heran, „gebe euch Informationen als Zeuge“, aber dafür müsse er auch Gesetze übertreten. U. zweifelt, ob man wirklich die Hintermänner, die N.s und „Teutonicos“ fassen wolle oder nur an der Oberfläche kratzen. U. malt ein Szenario an die Wand, bei der 20 bis 30 Leute tot auf der Straße liegen könnten, „kleine Leute, egal, ob Schwarze, Moslems oder Polizisten“.
U. beklagt auch, dass großen Versprechen vom Bundesinnenminister in Form von Personalaufstockung gemacht würden, aber das bestehende Personal bei der Polizei nicht gut behandelt würde. Des Weiteren ärgert sich U. in der Sprachaufnahme darüber, dass man den Ermittlungsstand allzu öffentlich ausbreiten würde, bevor die wichtigen Leute geschnappt seien. Diese seien nun gewarnt. Das sei „Dilettantismus hoch zehn“.
U. beendet das Gespräch mit dem Hinweis darauf, dass es bald ein Treffen mit „Teutonico“ [Werner S.] geben werde. Er hoffe, dass er genug Material zusammen bekomme, um Zeugenschutz erhalten zu können, denn ohne gehe es nicht. Dafür sei er zu öffentlich. Er werde weiter mit seinen 420 Euro [Hartz IV] die Fahrten finanzieren, darüber müssten sich weder das LKA noch der GBA Gedanken machen. Der Verfassungsschutz und die Polizei würden sonst nicht so weit kommen. „Ich ziehe meinen Weg durch, Herr [K.] und Frau [S.]“, kündigt U. an, dann würden „wir“ denen [unklar, wer genau gemeint ist] was hinlegen, dass denen die Ohren schlackern.
RA Picker deutet diese Aufnahme so, dass sich U. als „Einheit mit den Ermittlungsbehörden“ verstehe. Er kritisiert, dass angesichts der Vehemenz von U.s Vortrag die Ermittler*innen nicht konsequenter eingeschritten seien und diesem „Wir“-Verständnis widersprochen hätten. RA Siebers macht in der Aufnahme einen „Größenwahn“ aus, der dazu führe, dass sich U. selbst unter Druck setzt, etwas vorlegen zu können. Er beantragt, die Aufnahme im Beisein des psychologischen Sachverständigen erneut abspielen zu lassen.
Paul-Ludwig U. bittet um Neubewertung seines Status
In einer dritten Aufnahme eines Gesprächs zwischen Paul-Ludwig U. mit dem LKA geht es um die Bewertung seines Status als Beschuldigter. Paul-Ludwig U. moniert, er sei auf dem K 6 in Heilbronn „nicht aufgeklärt“ worden, was seinen Status betrifft. Das wäre aber nötig gewesen, bevor er seine Wege gegangen sei. U. erhofft sich, dass der GBA seinen Status neu bewerte. Immerhin, so U., sei ihm in Würzburg versichert worden, dass er als Zeuge geführt werde. Und plötzlich sei er in den Beschuldigten-Status gerutscht. Seine Ansprechpartner*innen im LKA sollen die Nachricht dem GBA vorspielen.
Markus K.s RAin Schwaben und RA Berthold sehen hier bei der Belehrung von Paul-Ludwig U. ein Versäumnis auf Seiten des LKA, das gegenüber U. nicht klar über den rechtlichen Status aufgeklärt habe.
Es folgen fünf weitere, kurze Sprachnachrichten, die zum Teil unverständlich sind. In der letzten Nachricht bittet Toni E. Werner S. darum, dass er Frank H. daran erinnern möge, neutral zu erscheinen [also nicht in Kutte]. E.s Trauzeuge, der Restaurantbesitzer, denke zwar so wie die Gruppe, aber die Frau sei da anders drauf.